VOLLTREFFER ( Roman )
Yvonne und Lukas
Innerlich war ich natürlich sehr aufgewühlt und voller Spannung .Auch die warme Stimme der äusserst attraktiven, dunkelhaarigen Helferin, vermochte es nicht, meinen starken Herzschlag zu bändigen. Sie bat mich , nach einer mir endlos erschienenen monoton langen Wartezeit, in Wirklichkeit waren es nur knappe 15 Minuten ,in die Umkleidekabine zu gehen. Ihre Aufforderung“ machen sie sich untenherum frei , und setzen sie sich dann auf den Behandlungsstuhl, Dr. Römer kommt gleich“, klang routiniert, aber dennoch persönlich.
Für mich hat dieser Satz heute eine ganz besondere Bedeutung.
Es war mein dritter Versuch, schwanger zu werden. Meine letzte Chance. Sollte es diesmal auch nicht klappen, müssten wir uns wohl an den Gedanken gewöhnen, keine Eltern zu werden. Nie ein eigenes Kind auf den Armen zu halten, ja unsere Gene nicht weiter geben zu können. Unsere Liebe war und ist eine grosse Erfüllung, aber der Sinn des Lebens besteht ja vor allem darin, sich zu vermehren, Leben weitergeben. Ich bin der festen Überzeugung, dass man in den Kindern und Enkeln, weiterlebt. In irgend einer Form. Darum gibt keinen endgültigen Tod. Irgend etwas, sei es die Nase, die Augen die Gesichtsform oder der Körperbau und / oder eine bestimmte Charaktereigenschaft ,lebt von einem in einem Nachkommen weiter. Das ist für mich die Auferstehung, das Weiterleben nach dem Tod, das ewige Leben sozusagen. So sehe ich das heute.
Nun , halb sitzend, halb liegend , auf dem harten aber trotzdem angenehm gepolsterten Gynäkologenstuhl , warte ich , mit gespreizten Beinen, auf Dr. Frank Römer. Meine frisch rasierte Scham hat die freundliche Helferin mit einem wohl temperierten , weichen Tuch abgedeckt, was ich als sehr angenehm empfinde.
Dann endlich kommt er, in Gestalt eines massigen, grossen, aber äusserst freundlichen Mannes, der Arzt, der nun gleich mit seiner Behandlung mein , unser, ganzes Leben umkrempeln wird. Er nickt mir freundlich zustimmend zu. Seinen roten Lockenschopf wird von einem grünen Käpi bedeckt. Seine fleischigen Hände sind umhüllt von hauchdünnen Gummihandschuhen.
Ich kannte ja diese grossen Tatzen, mein Mann und ich waren mehrfach vorher zu Beratungs- und Aufklärungs-Gesprächen mit ihm zusammen getroffen. Beim ersten Händedruck zuckte ich leicht zusammen, so kräftig, aber gleichzeitig angenehm warm, war er. Diese Hände werden mich also künstlich befruchten, dachte ich, natürlich nicht die Hände direkt. Aber diese voluminösen Hände werden gleich eine Kanüle in meine Scheide schieben, worin sich die befruchtete Eizelle von mir und dem Samen meines Mannes befindet. Ich hoffe nun endlich, beim 3. Versuch, nach der ICSI Methode schwanger zu werden. ICSI heisst intrazytoplasmatische Spermieninjektion. Da wird vorher ein einzelnes Spermium direkt in eine befruchtungsfähige Eizelle injiziert.
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Nun setzt sich der grosse schwerfällig wirkende Mann vor meine Vagina , in die er sanft ein Instrument schiebt ,dass die Scheide auseinanderdehnt. .
Dann beginnt er äusserst vorsichtig eine extrem lange Sonde , die vorne an einer Spritze befestigt ist , in meine Vagina zu schieben.
Er nickte mir nur freundlich zu, und vollführte die für ihn routinierte Handlung fast zärtlich vorsichtig aber bestimmt durch.
Aus den Lautsprechern tönt leise weiche klassische Musik. Die hellgrünen Wände, die mit bunten Mandelas behängt sind , wirken beruhigend. Mein Blick richtet sich gegen die Decke, wo er in ein farbiges Blumenmeer eintaucht, und ich mir einbilde, dass es einen beruhigenden Duft verströmt.
Schmetterlinge fliegen scheinbar von Blüte zu Blüte. Ich fühle mich wohl und geborgen. Am Kopfende sitzt mein Mann Lorenz und streichelt mir zart über den Kopf in dem er gleichzeitig vertraute Liebesworte ins Ohr flüstert.
Währendessen schiebt der Arzt die Sonde vorwärts, den Gebärmutterhals entlang, bis er , im Gebärmutterkörper, angelangt ist. . Er beobachtet den Vorgang über einen Bildschirm, und kann so die Sonde äusserst präzise in die richtige Position bringen.
Die Spritze ist gefüllt mit einer befruchteten Eizelle die sich im sogenannten 4 Zell-Stadium befindet. Das heisst, sie wurden am 2. Tag nach der künstlichen Befruchtung bei mir injziert. Künstlich befruchtete Liebe ist ein besonders tiefes Glück, ein so heiss ersehntes Glück. Dieses mal allerdings war die Zygote, so nennt man eine befruchtete Eizelle, zwischendurch ein paar Monate eingefroren. Die ersten 2 Versuche schlugen fehl, und es war noch eine befruchtete Eizelle von mir und meinem Mann übrig. Die wollten wir nicht einfach ihrem Schicksal , d.h. der Forschung überlassen.
Sie war uns zu kostbar, und wir glaubten fest daran, dass es bei diesem Versuch klappen würde, dass es diesmal die richtige Zygote ist , und sie sich in meiner feucht-schleimigen Höhle einnisten und zu einem Menschlein entwickeln würde.
Ich spürte den kurzen, weichen Stoss nicht, der aus der Spritze kam ,als der Arzt das kostbare Gut präzise in meinem Körper deponierte. „ So, das war es,
bleiben sie jetzt noch ungefähr eine Stunde liegen und träumen weiter,“ Mit diesen Worten verliess Herr Dr.Römer den Behandlungsraum und liess mich mit meinem Mann zurück. Lorenz und die freundliche Helferin legten mich behutsam in ein Bett um, das in einem Nebenraum bereitstand. Ich schwebte innerlich auf Wolke 7 und fühlte mich glückseelig.
Nun stellte ich mir vor, wie die befruchtete Eizelle sich ein gemütliches Plätzchen in meiner warmen und feuchten Gebärmutter sucht. Ich bildete mir ein zu spüren, wie sie sich an der Schleimhaut festklammerte, und einfach
beschloss, nicht mehr auszuziehen, für die nächsten 41 Wochen.
So, dass ist jetzt unser zu Hause, dachte sie. Noch ist diese Höhle klein und fein. Ungefähr 7 bis 10 cm lang, 4 bis 5 cm breit und ca. 2 cm. dick. Umhüllt von festen kräftigen Muskeln , die 41 Woche später , wenn sie sich bis zum Rippenbogen ausgedehnt haben werden , die Wehen einläuten sollten. Das Glockengeläut wird dann aber höchstwahrscheinlich vom stöhnen der Gebärenden, in diesem Fall von mir, übertönt.
Das Wunder geschah. Die Zygote fühlte sich wohl an ihrem Platz. Dieses mal hat wohl alles gepasst. Dieses mal sollte es sein, dass sich die befruchtete Zelle weiterentwickelt. Und tatsächlich, setzte an dem ausgerechneten Menstruationstermin keine Blutung ein.
Ich konnte das Glück kaum fassen. Ich spürte sofort, dass alles anders war. Mir war morgens übel. Die Brüste fingen an zu spannen, und manchmal wurde mir aus heiterem Himmel schwindelig. Der Schwangerschaftstest zeigte sich 3 Wochen nach der Implantation positiv.
Mein Mann und ich schwebten auf Wolke 7. Nun werden wir endlich Eltern. Sicher, die ersten 3 Jahre nach unserer Heirat wollte und sollte ich noch nicht schwanger werden. Wir wollten uns erst ein Existenzminimum schaffen. Auch sollte die Doktorarbeit meines Mannes erst fertig geschrieben sein, damit er sich dann auch mehr um das Baby kümmern konnte. Dass es dann, als wir alles daran setzten dass ich schwanger würde, nicht klappte, hat uns das erst in Staunen versetzt. Als nach weiteren 2 Jahren immer noch nichts geschah, haben wir endlich den Gang zu den Ärzten gewagt. Unsere beiden Familien waren so fruchtbar, darum glaubten wir lange überhaupt nicht an so eine Möglichkeit.
Bei den Untersuchungen stellte sich dann heraus, dass sich die Spermien meines Mannes zu langsam fortbewegten, und auch in der Anzahl sehr reduziert waren.
Seine Mutter erinnerte sich dann, dass Lorenz , mein Mann, in seinem 12. Lebensjahr an Mumps erkrankte, und dabei auch eine Hodenentzündung hatte.
Ich bin schwanger!! Von diesem bestätigten Tag an, drehte sich in meinen Gedanken alles nur noch um das heranwachsende Kindlein in meinem Bauch.
Plötzlich blieb ich vor jedem Kindergeschäft stehen und starrte wie gebannt in das Schaufenster. Kaum hatte ich das erste Ultraschallbild in den Händen, war das das wichtigste Foto in meinem Leben. Auch mein Mann wurde von meiner Begeisterung mitgerissen. Es gab nur noch ein Thema: UNSER KIND !
Wenn mir übel war sorgte sich Lukas rührend um mich. Überhaupt. Ich durfte nichts mehr tragen, auch keine gewöhnliche Einkaufstasche mehr. Er umschwirrte und hegte mich plötzlich wie ein Heiligtum. Erst genoss ich das sehr, aber manchmal ging es mir auch auf die Nerven. „ Ich bin doch keine Krücke deswegen , Schwangerschaft ist doch keine Krankheit, sondern ein für mich höchst erfreulicher, vorübergehender Zustand. “ sagte ich oft, aber Lukas beharrte auf seiner Einstellung, auf keinen Fall nur irgendwas zu riskieren. Diese Kindlein musste unbedingt weiter wachsen. Es ist die Erfüllung unseres Lebens, ja etwas einigartiges, einmaliges, unser Kind.
9 Monate braucht es um aus den Zellen Fleisch und Blut werden zu lassen die sich immer mehr zu einem menschlichen Wesen formen.
Im ersten Monat schon, bilden sich Herz, Leber Magen und Darm. Selbst Ansätze von Armen und Beinen zeigen sich schon in dieser Phase.
Von der 10. Woche an sah man auf dem Ultraschallbild schon das komplette kleine Menschlein. Unfassbar, unbegreiflich, wunderbar !
Meine Muttergefühle wuchsen täglich und alle Gedanken kreisten nur noch um das heranwachsende Kind in meinem Bauch.
Der kleine Unterschied, das Geschlecht, steht ja schon seit der Befruchtung fest. Besitzt der Samenzell-Träger ein X Chromoson, wird es ein Mädchen.
Bei einem Y Chromoson es ein Junge.
Ab der 16. Woche stimulierten Musikfrequenzen der abendlichen Hörstunde, die ich mir vor dem Schlafengehen immer gönnte, das heranwachsende Gehirn des Kindes.
Das Kindlein fühlte sich sichtlich wohl in der warmen feucht-wässrigen Höhle. Es ahnte wohl schon, dass es nie wieder so gut haben würde, wie die Zeit in der Mutter.
Die problemlose immer verfügbare Nahrungsaufnahme über die Nabelschnur, die gleichmässige, kuschelig feuchte Temperatur, und das leichte wiegen im Fruchtwasser.
Zusammengerollt und geborgen, am Daumen nuckelnd, wuchs es stetig .
Mein Bauch schwoll an, zuletzt brach es mir fast das Kreuz.
Seine Tritte, vorzugsweise abends, wenn ich mich zur Ruhe bettete, wurden immer kräftiger und schickten schon eine Vorausbotschaft, „ ich weiss was ich will „
Doch es fühlte sich so wohl, und dachte auch 1 Woche vor dem errechneten Geburtstermin nicht daran, seinen Kopf Richtung „ Ausgang „ zu legen.
ER ja, es wird ein Junge , wirkte faul und träge, mindestens tagsüber. Nachts rebellierte er umso mehr und liess mich kaum noch schlafen.
Ein friedlicher Rebell ? Na, wir lassen uns überraschen.
Da der Herr auch 10 Tage nach dem errechneten Geburtstermin nicht im geringsten daran dachte, sein gemütliches Nest zu verlassen, und er seine Lage auch nicht verändert hatte, entschloss mein behandelnder Arzt, den Sohnemann per Kaiserschnitt ans Licht der Welt zu holen. Kevin, so werden wir unseren Sohn nennen, hatte wohl keine Lust sich durch den engen Geburtskanal zu zwängen. Er nahm lieber, die auch für ihn angenehmere Methode eines Kaiserschnittes in Kauf. Da wurde er nicht strapaziert und hatte den Vorteil, völlig unzerknittert das Licht der Welt zu erblicken.
Kevin
So geschah es .
Kevin schrie laut gegen die Geburt an. Er wollte nicht ans Tageslicht. Er ahnte schon, dass es vorbei war mit der allzeit gleichmässigen kuschelig-feuchten Wärme. Doch als die Schwester mir das schleimige -blutverschmierte Bündel an die Brust legte, verwandelte sich der Urschrei in ein sanftes Lächeln. Ich war erfüllt von höchstem Glück, dieses Lächeln war so einzigartig. Es liess mich in sekundenschnelle all die Mühsal vergessen, die mir die letzten Schwangerschaftswochen bereiteten. Auch die starken Wehenschmerzen waren kein Thema mehr. All die körperlichen Beschwerden der letzten Wochen waren wie durch Zauberhand weggeblasen.
Von nun an war alles anders. Der Tag und die Nacht wurden von IHM bestimmt. Unsere Liebe gilt nur noch IHM . Kevin soll es an nichts fehlen. Unser Sinn des Lebens hat sich erfüllt, wir sind eine Familie.
Mein Mann pflanzte einen Kirschbaum, einen Frühblütler, er sollte die ersten Kirschen tragen, saftige dunkelrote Knaller. Die zarte Blühte ist genau um den Geburtstermin unseres Sohnes herum. Kevin soll sich jedes Jahr von neuem freuen, auf seinen Geburtstag und auf die Kirschen. In Wahrheit pflanzte Lorenz mit dem Kirschbaum einen Herzenswunsch von mir. Ich träumte seit meinem 4.Lebensjahr davon, in einem Kirschbaum mit vollen reifen Kirschen zu wohnen, einer Wundersorte, die das ganze Jahr über blühte und gleichzeitig reife Früchte trug. um wann immer ich wollte , Kirschen zu essen.
Das Bauernhaus in dem wir wohnten, lag in einer hügeligen weiten Landschaft ,und wurde rechzeitig zu seiner Geburt fertig renoviert. Wir waren 7 Jahre kinderlos, und hatten dafür genügend Zeit. Eigentlich , rückblickend gesehen, war es gut und richtig, dass sich erst beim 3. Versuch die lang ersehnte Schwangerschaft eingestellt hat. Kevin hat das wohl geahnt, dass sein neues Zuhause erst jetzt fertig war
Wir hatten nun ein Haus gebaut, einen Baum gepflanzt und ein Kind gezeugt. Was konnte da noch schief gehen ?
Die erste Woche seines Lebens war auch nicht einfach für den neuen Erdenbürger. Das Baby musste sich an die Reizüberflutung gewöhnen, an den Zustand dass sein Körperchen nicht mehr vollständig immer der gleichen wohligen Temperatur ausgesetzt war, auch die Gerüche waren für ihn neu und fremd.
Ab der 3. Woche heilte de Nabel ab, das für immer sichtbare Zeichen, der Verbundenheit mit der Mutter. Von da an durfte man Kevin baden, was er sichtlich genoss, fühlte er sich dabei sicherlich zurückversetzt in das feucht-warme Milieu, in dem er heranwuchs.
Nach einem Monat schrie ER immer mehr, sein Hunger war unendlich, und auf seinem Köpfchen machte sich ein erster , rötlicher Flaum bemerkbar.
Vom 2. Monat an hatten wir das Gefühl, dass Kevin zurücklächelt.
In dieser Zeit schnitten wir ihm auch das erste mal seine Finger und Fussnägel.
Unterdessen gurrte und brabbelte er und liess dabei jedes mal unsere Herzen höher schlagen. Er war das süsseste Baby auf der ganzen Welt. Kevin war einmalig, einzigartig, einfach unser ganz unbeschreiblich grosses Glück.
Im 3. Monat brauchte er schon weniger Schlaf, und am Hinterkopf bildete sich eine Glatze.
Im 4. Monat kamen die ersten Silben über seine Lippen „ ma , pa,. Wir hatten das Gefühl, dass nun die Umstellungsphase vom Mutterleib in das Aussenleben, abgeschlossen war. Nachts schlief unser Liebling jetzt meistens 8 Stunden durch, der Alltag nahm langsam wieder die früheren Züge an.
Ausser für unsere Liebe, da war ich abends immer noch viel zu erschöpft, und überhaupt, Zärtlichkeiten reichten mir. An Sex dachte ich nicht mehr im geringsten. Mein Mann liebte unser Kind auch abgöttisch, konnte aber nicht verstehen, dass ich kein Bedürfnis und Lust mehr hatte auf seinen Körper. Er tröstete sich mit dem Gedanken, dass es bald wieder so würde wie vor der Schwangerschaft. Da konnten wir nie genug voneinander kriegen, überall, zu jeder Zeit. Nun galt aber mir meine ganze Liebe nur noch Kevin, unserem absoluten Wunschkind, unserem Stolz, unserem unbeschreiblichen Glück.
Der Wonneproppen steckte nun, unterdessen war er 5 Monate alt, alles in den Mund. Er fing auch an mich von seinem Vater zu unterscheiden. Er erkannte meine und seine Stimme.
Ab dem 6. Monat bemühte er sich sich umzudrehen, was ihm auch bald vorzüglich gelang. Er sabberte ausserdem viel, und hatte glühend rote Bäckchen und kaute auf allem herum. Da entdeckten wir unten im Zahnfleisch sein erstes Zähnchen. Wir waren stolz wie Oscar, seine Entwicklung lief bisher ab wie im Bilderbuch. Gewundert haben wir uns nur immer mehr, dass unser Sohnemann rötliche Locken bekam. Uns war erstmal nicht bekannt, dass es in unseren Familien rothaarige Verwandtschaft gibt, aber das soll ja nichts heissen. Bekannte bestätigten uns, dass sich das und auch die Augenfarbe, noch ändern könne.
Im 7. Monat hatte der Kleine öfter mal , einfach so, aus heiterem Himmel, Wutanfälle. Ich erinnerte mich dann an die heftigen Fusstritte in meinem Bauch und dachte, ja, das ist mein Temperaments-Bolzen, so eine Intensität spürte ich schon in meinem Bauch. Ein energisches Aufbegehren. Jetzt also setzt er seine „ Tritte „ in Form von wütigem Geschrei um. . Seine Stimme war ja schon lange nicht mehr die eines neugeborenen Winzlings. Nein schon in den ersten Wochen wurde sie oft unerträglich schrill. Aber jetzt veränderte sich das „ Hab-Hunger-_Wimmern oder Langeweile – Heulen in einen grellen Wutschrei.
Ab dem 8. Monat versuchte ER sich auf dem Boden per Robbenbewegung „ fortzubewegen. , was IHM auch meisterlich gelang. Ja , kein Wunder, ER war ja auch unser Sohn. Andere junge Eltern fingen uns an zu beneiden, dass Kevin schon so viel konnte. Ja, wir waren ja so unsäglich stolz und glücklich.
Unser Liebesleben hatte sich zwar noch immer nicht normalisiert, aber dafür hatte ich einfach keine Gedanken mehr. Mein Mann scheute sich unterdessen das Thema immer wieder anzuschneiden. Sein zaghaften zärtlichen Versuche, blockte ich immer frühzeitig ab. Sex war für mich jetzt einfach nicht mehr so wichtig. Wir hatten doch unseren Sohn, das war wichtiger. Alles andere wird sich schon bald geben, da war ich mir sicher.
Vom 10. Monat an, fing unser Prachtjunge an zu sitzen. Er sass jetzt mit uns am Tisch, in einem speziellen Kinderstuhl, der“ mitwachsen „konnte. ER bevorzugte Fingerfood. Allerdings fing er an auf Gesichter, die er früher noch anlächelte, mit fremdeln zu reagieren. Nur Vater oder Mutter durften ihn jetzt auf den Arm nehmen.
Vom 11. Monat an erfand er seinen eigenen Wortschatz. Zeigte man IHM Fotos mit Gesichtern die er in natura schon kannte, reagierte Kevin zustimmend heiter.
Voller Stolz versuchte der kleine Mann mit 12 Monaten an unserer Hand die ersten Schritte. Die Worte Mama und Papa kamen auch schon über seine Lippen. Wir platzten bald voll stolz, war Kevin nicht einzigartig ??Natürlich war er das. Er war nicht nur grösser als seine Altergenossen, wir fanden auch ,dass Kevin hübscher, schlauer und charaktervoller sei. Er war einfach einzigartig. Unser Sohn.
Und das mit dem Sex zwischen meinem Mann und mir, das kommt schon wieder.
Die Haarfarbe unseres Sohnes hat sich nicht verändert, sein rotblonder Lockenschopf ist unübersehbar.
Wir akzeptierten das ohne wenn und aber, gab es sicherlich in unseren Familien mal ein „ Ausrutscher „ der halt nicht bekannt war. Noch nicht. Bei Gelegenheit wollten wir uns mal der Ahnenforschung widmen.
Doch dafür hatten wir beide jetzt noch keine Zeit. Ich war immer noch voll beschäftigt und erfüllt, mich dem heranwachsenden Sohn zu widmen. Unterdessen machten wir beim Babyschwimmen mit, wo Kevin natürlich der Beste und mutigste war. Ich war so stolz. Die meisten anderen Babys plärrten erstmal los, wenn sie ins Wasser getaucht wurden. Kevin begriff sofort, wie er seine Arme und Beine zum Paddeln einsetzen musste, um nicht unterzugehen.
Auch einer Spielgruppe schloss ich mich an, in der sich 6 bis 8 Mütter mit ihren 1 bis 2 jährigen Kindern 2 mal wöchentlich, in einem Raum, der die kath. Kirchgemeinde zur Verfügung stellte, trafen. Auch da war Kevin der Star und bei allen beliebt. Ausserdem konnte er alles immer etwas früher wie die anderen Kinder seines Alters. Laufen , sprechen und verschiedene Farben unterscheiden.
Kevin war 18 Monate alt, als er begann die ersten ganzen Sätze zu bilden. Seine Trotzanfälle häuften sich . Da ich aber durch Fach-Literatur genügend aufgeklärt war, wusste ich, dass diese Phase durchaus normal ist und zur Willensbildung gehört.
Ich las abends immer viel. Aber es interessierten mich nur noch Bücher über die Entwicklung und Erziehung unseres Kindes.
Mit dem Sex hat es unterdessen jetzt wieder mal geklappt. Ich war aber froh, als es vorbei war, und habe es ausschliesslich für meinen Mann getan. Dieser arbeitete allerdings, er war Abteilungsleiter bei einer Grossbank, oft 14 Stunden am Tag, und war abends auch müde . Seine Versuche, sich mir zärtlich zu nähern nahmen ab. Ich war froh, denn mein ganzes Glück und auch das Glück meines Mannes ist unser Sohn, er ist unsere grosse Erfüllung.
Sehr interessiert hörte Lorenz zu, wenn ich ihm von den fast täglichen Entwicklungen unseres kleinen Mannes erzählte. Voller Stolz berichtete ich auch, dass bei all unseren gemeinsamen Unternehmungen mit andern Müttern und deren Kindern, Kevin immer der beste war. Mein Mann schlug sich dann voller Stolz an die Brust und sagte nur“ ist ja auch mein Sohn „
Wir hatten nur noch, seit meiner Schwangerschaft, ein Thema : unser Kind :
Ich interessierte mich nicht mehr fürs Theater, Kino, Politik oder Sport. Meine frühere Figur war wieder auf dem Vorschwangerschafts-Bikini Stand, da habe ich schon aufgepasst. Das hat mir meine Mutter schon früh beigebracht. Ein paar Gymnastikübungen, mit denen man schon im Wochenbett anfangen sollte. Durch den Kaiserschnitt war ich allerdings gezwungen zu warten, bis die Naht gut verheilt war. Das ging aber überraschend schnell.
Ich hatte jetzt nicht mehr so viel Lust neue Klamotten zu kaufen. Wir wohnten ja auf dem Land, das konnte man gut leger rumlaufen. Jeans und Shirts waren angesagt. Festes Schuhwerk oder Gummistiefel. Ich kam mir bäuerlich gemütlich vor, und war zufrieden. Ausserdem mussten wir mit dem Geld sorgsam umgehen. Mein Mann verdiente zwar nicht schlecht. Die Hypothek auf das Haus, 2 Autos und Kevin hatten seinen Preis. Mir war es wichtiger, dass vor allem unser Kind immer das beste und neueste hatte. War dieser Sohn doch einfach einmalig, einzigartig, unersetzbar.
Mir war es nicht unangenehm, dass mein Mann jetzt öfter auch Seminare besuchte, bei denen er auswärts übernachten musste. Er kam dann stets gutgelaunt wieder, und kümmerte sich an den Wochenenden verantwortungsbewusst und liebevoll um unseren Sohn.
Meinerseits gab es immer viel zu berichten, über die neueste Entwicklung . Sein Sprachschatz verbesserte sich unaufhörlich. Öfter kamen jetzt auch mal andere Mütter zu uns auf den Bauernhof. Da wurde viel gelacht und erzählt . Die Kinder unterdessen fast alle 2 bis 3 Jahre alt spielten und tollten miteinander. Kevin war der King. Unser Stolz wuchs täglich. Alle beneideten meinen Mann und mich.
Wir waren die Vorzeigefamilie.
Es schien mir, dass das mit dem Sex nun auch für meinen Mann zur Nebensache wurde. Wir pflegten auf meinem Wunsch hin , nur noch Kuschelsex. Er gewöhnte sich daran, dass wir mehr oder weniger wie Bruder und Schwester zusammen lebten. Er war jetzt auch so zufrieden und bedrängte mich nicht mehr.
Mein Glück war vollkommen. Ich hatte ja IHN, unseren Sohn.
Kevins Wutanfälle häuften sich . Ob im Supermarkt, beim Frisör oder im Zoo. Plötzlich und völlig unkontrolliert warf er sich auf den Boden, stampfte und schrie. Erst versuchte ich recht ruhig zu bleiben. Alle fremden Blicke um mich herum berührten mich erst einmal nicht. Aber, wenn ich ihn schreien liess, durchbohrten mich diese Blicke, Rabenmutter tönte es aus den Augen. . Versuchte ich das trotzige Kind , meist vergeblich, zu beruhigen, redete eine andere Mutter auf mich ein und sagte „ das ist halt so in dem Alter, das wird schon wieder, dachte aber in Wirklichkeit : die hat ja nichts im Griff ! : Einmal rutschte mir die Hand aus, schwupps hatte Kevin auf dem Po einen Klaps. Da musste ich schon fast damit rechnen, von den umstehenden Gaffern angezeigt zu werden, wegen Kindesmisshandlung. Ich kam dann immer fix und fertig zu Hause an, sperrte Kevin erstmal in sein Zimmer und heulte los. Per SMS unterrichtete ich meinen Mann, der meistens nicht darauf reagierte. Ein kurzer tröstlicher Zuspruch hätte mir jetzt gut getan. Aber nichts kam zurück. Lukas, mein Mann, kam jetzt abends immer öfter spät nach Hause. Im ersten Jahr unserer Elternschaft stand er immer überpünktlich auf der Matte, und half wo er nur konnte. Damals war ich noch so stolz auf den Superpapa.
Als meine Eltern junge Eltern waren , war das noch einfacher. Da gab es noch eine klare Rollenverteilung. Die Frau war ab der Geburt des 1. Kindes für Kinder, Küche und Kirche zuständig. Der Mann schaffte das nötige Kleingeld ran. Das war so, und keiner hat sich an den Rollen gestört, die schon seit Generationen üblich waren. Eine Kopfnuss oder ein Klaps auf den Po galt durchaus als normale Erziehungsmasnahme. Keiner scherte sich darum.
Meine Mutter heiratete mit 21 Jahren ihre grosse Liebe, die sie schon mit 17 Jahren während eines Italienurlaubes kennen lernte. Sex war da zwar bis kurz vor der Hochzeit kein Thema. Nicht dass die beiden keine Lust darauf hatten, aber meine Mutter wollte so lange wie möglich Jungfrau bleiben. Das war Ehrensache, und mein Vater hat das lange akzeptiert. Dass meine Eltern nach 1 ½ Jahren Ehe ihr erstes Kind bekamen ,hat sich so ergeben. Natürlich freuten sie sich, Kinder gehörten einfach dazu, wenn man verheiratet war. Damals begann die eigentliche Vorfreude mit dem Moment, wo meine Mutter die ersten zaghaften Tritte gegen ihren Bauch spürte. Erst dachte sie , dass es Blähungen seien. Meine Grossmutter klärte sie dann aber auf, und sagte, dass man normalerweise vom ca. 4.1/2 Monat an durchaus Bewegungen des Kindes spüren könne. Das war ein aufregender Moment und sie achtete immer mehr darauf, diese noch sanften Tritte zu spüren. Selbst ihr Mann, also mein Vater, fand das unbeschreiblich interessant und legte oft seine Hand auf die von meiner Mutter beschriebenen Stelle des Bauches, wo das Wunder geschah. Ultraschall-Bilder waren noch unbekannt, und so blieb es auch bis zur Geburt spannend, ob es ein Junge oder ein Mädchen würde. Damals hatte man immer sowohl einen Jungen, als auch einen Mädchennamen in Gedanken ausgesucht. Das erstgeborene Kind sollte vorzugsweise ein Junge sein, der Stammhalter sozusagen. War es dann aber doch ein Mädchen, war die Freude auch gross. Hauptsache gesund, aber das konnte der Arzt oder die Hebamme erst am Tag der Geburt feststellen.
Nach 3 Kinder spätestens begann die Generation damals dann darüber nachzudenken, wie man weitere s Kinderkriegen verhindern könnte .Einige wagten es dann auch, die „ Pille „ zu schlucken, die in den 60er auf den Markt kam. Den meisten Frauen war sie aber anfangs noch nicht geheuer, hatte sie doch noch erhebliche Nebenwirkungen, denn sie war um ein vielfaches höher dosiert als heute. Andere Paare blieben beim coitus interroptus, was dann aber meistens doch mit einer neuen Schwangerschaft beantwortet wurde. Auf die Kondome war auch nicht immer verlass. Sie rutschten oft, oder waren defekt. Eine Spirale im Gebärmutterhals , als Verhütungsmittel war damals eine durchaus übliche Methode und wurde von vielen Frauen anstatt der Pilleneinnahme bevorzugt.
Im Prinzip aber war es völlig unwichtig, ob die materielle Grundlage dazu vorhanden war um einem Kind alles bieten zu können. Irgendwie ging es immer und so war es wohl auch. Ein drittes oder viertes Kind wird auch noch satt. Das war die landläufige Meinung.
Auch damals empfand man Kinder als ein Geschenk Gottes.
Sie wurden nur noch nicht in Watte gehüllt und Luxus gebettet.
Sie wuchsen unkompliziert, doch mit Regeln erzogen , oft aus dem Bauchgefühl der Mutter heraus , heran. Sie wollten einiges was sie bei den eigenen Eltern sehr störte schon besser oder anders machen, aber zur Hauptsache orientierten sich die Töchter und Söhne noch an den Erziehungsmethoden ihrer Eltern. Natürlich gab es Ausnahmen, aber der grosse Teil der Bevölkerung hielt sich daran.
Erfahrungen wurden weiter gegeben, und akzeptiert. Meine Eltern hörten noch dankbar auf die Ratschläge ihrer Eltern. Und dachten immer, die haben ja selbst schon viel Erfahrung, und werden es wissen. Wir aber heute , wir wollen ALLES anders machen. Ratschläge ? Aber nein, die brauchen wir nicht. Alles altmodischer, überholter Kram. Da hat sich so viel geändert, ihr Eltern habt da keine Ahnung mehr. Wir wollen unseren eigenen Stil und haben unsere eigenen Ansichten in die Tat umsetzen . Wir machen alles besser und vieles anders. Der Zeitgeist hat sich schneller geändert, als die ältere Generation wahrhaben will. . Und zwar flächendeckend mehr oder weniger so mindestens in den deutschsprachigen Ländern.
Heute ist ein Kind schon vor der Geburt eine eigenständige Persönlichkeit, dass man zu respektieren hat. Und spätestens von Geburt an, soll das Kind gefördert werden. Musste ich noch als Baby die ersten 6 Wochen behütet in der Wohnung bleiben, möglichst viel schlafen und ohne unnötigen Lärmpegel alleine in einem Zimmer verbringen, durfte Kevin schon am 2. Tag nach der Rückkehr aus dem Krankenhaus mit in die Fussgängerzone zum Einkaufen. Wir waren ja so stolz und konnten es kaum erwarten den Filius auszuführen und vorzuzeigen. ER schaute ja auch schon so keck in die Gegend, von viel schlafen war keine Rede.
Baby-Cosy , Wegwerf – Windeln- Fertig-Baby-Nahrung geschweige Marken-Kleidung etc. brauchte man zu Zeiten meiner Eltern nicht. Es genügte die ersten 6 bis 8 Monate eine Tragetasche. Die Stoffwindeln wurden gewaschen, und Wegwerfwindeln gab es zwar schon , sie wurden aber höchstens mal für eine Reise gekauft. Den Möhrenbrei hat man selbst gekocht, und Knochen ausgekocht für eine anständige Brühe. Kartoffel gestampft, Bananen zerdrückt, und ab und zu gab es ein Hörnchen vom Becker. Die Kinder assen Äpfel, wenn es hoch kam mal einen Butterkeks dazu. Gegessen wurde was auf den Tisch kam. Sobald die Breiphase vorbei war, bekamen die Kinder das gleiche zu essen wie die Erwachsenen. Alles wurde kleingeschnitten oder zerdrückt, und so gewöhnten sie sich schon früh an verschiedene Geschmacksrichtungen.
Das arme Kind wurde ab dem Zeitpunkt wo es sitzen konnte auch ungeniert in einen Laufstall gesteckt. Das war dann lange seine Welt. Die Mutter konnte in der Zeit ungestört ihrer Hausarbeit nach gehen, das Kind war ja sicher aufgehoben.
So was kommt heute überhaupt nicht mehr in Frage. Die armen Kinder. Die könnten sich doch nicht richtig entwickeln. Die waren ja früher wie in einem Gefängnis eingesperrt. Eigentlich verwunderlich, dass früher aus den meisten doch was geworden ist.
Aber eben ich will alles anders machen, nicht nur ich, fast alle Frauen meiner Generation. Bauchgefühl ? Was ist das. Es steht doch alles in den Büchern. Da kann man sich sachkundig machen. Da steht immer ganz genau, wie was bedeutet. Wie man mit dem Kind umzugehen hat. Was es essen darf und was nicht. Wie es sich in jeder Lebensphase verhalten soll. Wie die Entwicklung stattfindet. Dass wir zu den glücklichen gehören, wo bis jetzt alles genau so verläuft, wie in Fachbüchern beschrieben, weiss ich allerdings zu schätzen. Gibt es doch genügend beispiele in der Spielgruppe, wo ein Kind sich anders verhält .Man glaubt es kaum. Da gibt’s Babys die mit 8 Monaten noch keine Zähne haben. Einige sitzen mit 9 Monaten noch nicht und , das ist ungeheuerlich, es gibt schon ein fast 2 jähriges Mädchen, was KEINE WNDELN mehr braucht. Was muss dieses Kind für eine Rabenmutter haben, die es zwingt aufs Töpfchen zu gehen. Es ist heute doch völlig normal, dass Kinder bis zum 3. Lebensjahr, oder darüber hinaus, Windeln tragen. Es gibt ja nicht umsonst Windeln für jede Körpergrösse und bis XXX Kilo Gewicht.
Auch mit dem Geschmack beim essen hat sich einiges geändert. Kinder bevorzugen heute Nudeln und Pfannkuchen. Schluss aus. Bei Mc Donalds gibt’s dann schon mal Pommes mit Mayo oder Ketchup.In einen Apfel beissen sie immer noch gerne, aber bitte geschält, und in handliche Schnitze geschnitten. Aber wehe, wenn es eine braune Stelle gibt, dann wird der ganze Schnitz abgelehnt .Mini-Bifis und Baby Bell, Schokoladenriegel Gummibärchen und Marschmellows, Kinderschokolade, Kartoffelchips und Salzstangen. So sehen heute die Zwischenmahlzeiten vieler Kinder aus. Ich gebe zu, da halte ich mich doch noch meistens an die altmodische Sitte meiner Eltern. Obst und Gemüse gehören bei uns regelmässig auf den Speiseplan.
Nun ist unterdessen aus unserem Wonneproppen ein Kind im Kindergartenalter geworden. Kevin wird ab nächstem Herbst den Montessorri Kindergarten besuchen. Wir hatten Glück, dass es auf Anhieb geklappt hat. Doch wir waren weitsichtig und meldeten ihn schon vor über 2 Jahren an. Kevin ist immer noch viel grösser als seine Altersgenossen, seinen roten Wuschelkopf hat sich definitiv verfestigt. Seine leuchtenden grünen Augen und seine helle , empfindliche Haut sind sein Markenzeichen geworden. Er ist ein zugängliches, aufgewecktes Bürschchen, aber gleichzeitig auch sehr temperamentvoll und selbstbewusst. Er kriecht jeder Schnecke nach und studiert ihren schleimigen Weg. Jede Ameise begeistert ihn. Einerseits.
Andererseits fängt er sich gerne, völlig unbegründet mit Spielkameraden an zu schlagen und zu raufen. Er geht immer als Sieger hervor. Da bin ich ehrlich gesagt, natürlich heimlich stolz darauf. Aber so langsam werden die Klagen der anderen Eltern unüberhörbar. Erst vor kurzem zeriss Kevin beim raufen einen teuren Markenpullover eines Mitschülers . Das kostet uns jetzt 250 Euro.
Ob all den Freuden und Sorgen um IHN habe ich leicht übersehen, dass mein Mann immer öfter spät nach Hause kommt. Er ist zwar immer noch interessiert an der Entwicklung unseres Sohnes, und stolz auf IHN. Das mit dem raufen gehört dazu, und die 250.Euro, was soll es. Wir haben es ja, ist sein Kommentar.
Mit dem Geld hättest du allerdings auch mal wieder zum Frisör gehen können, das war alles was er dazu sagt. Seine Bemerkung ob ich nicht mal was Schickeres anziehen wollte, lasse ich abblitzen, mit dem Argument „ wir leben auf dem Lande und auch noch auf einem Bauernhof , einem superrenovierten zwar, denn alles wurde technisch und optisch auf den neuesten Stand gebracht. Ein sozusagen Schicki –Micki – Bauernhof. Wir können uns unterdessen auch eine Putzfrau leisten und ein Rentner hilft mir bei der Gartenarbeit.
Es drehte sich immer alles nur um Kevin , unserem absoluten Wunschkind. Sobald er richtig gehen konnte, kauften wir ihm das erste Fahrrad , ein Dreirad. Der Helm war farblich perfekt auf die Farbe des Rades abgestimmt. Unterdessen besitzt er natürlich ein schickes , sportliches Fahrrad, wiederum mit passendem Helm, auch kann er einen Roller, einen Traktor und einen Bagger, alles von bester Qualität, sein eigen nennen.
Aus der Spielgruppe und dem Baby-Schwimmen sind schon längst ein Judo – und ein Englisch Sprachkurs für Vorschul- Kinder geworden. Ersteres macht er mit Begeisterung, Englisch findet er noch uncool. . Vielleicht versuche ich es bald mit Chinesisch. Da gibt es in der nächst grösseren Stadt jetzt auch ein Angebot. Und reiten soll er auch lernen. Wozu leben wir den auf einem Bauernhof. Eigene Pferde können wir uns unterdessen ja leisten. Musikalisch ist der Kerl auch, kein Wunder, hat er doch schon in meinem Bauch klassische Musik gehört. Er möchte unbedingt Schlagzeug spielen. Mal sehen, wir haben ja noch eine Scheune, die könnte man umbauen, dann hätte Kevin einen geeigneten Übungsraum.
So kreisen meine Gedanken weiterhin um IHN. Es soll ja was aus IHM werden. Er soll es besser haben. Wir seine Eltern können IHM ja auch alles bieten.
Dabei ertappe ich mich allerdings immer öfter bei dem Gedanken, dass Kevin, unser Junge, so wenig Ähnlichkeit mit meinem Mann oder mir hat. Auch meinem Mann fiel das zunehmend auf, und so wollten wir uns jetzt mal ernsthaft mit der Ahnenforschung auseinandersetzen. Einen „ Ausreisser „ kam da nicht selten vor. Das schwarze Schaf sozusagen, dass es in fast jeder Familie gibt. Mal in der Form des Aussehens mal in seinen, für die Familie aussergewöhnlichen Charaktereigenschaften.
Ruth und Tobias
Mit Jakob
Unterdessen nehme ich mir jetzt auch immer öfter mal die Muse im Liegestuhl zu liegen, mitten in unserem rustikal , üppig blühenden Bauerngarten ,der von einem Staketenzaun eingerahmt ist. Ich schaue dann in ein Blütenmeer, ähnlich wie bei der Befruchtung im Behandlungszimmer des Arztes, nur das dieses Blütenmeer und der Duft in freier Natur echt sind. Ich atme den Duft von Thymian, Rosmarin, Basilikum , Estragon und vielen anderen Kräutern ein, die in einer Kräuterspirale angeordnet sind . Meine Sinne vermischen sich mit den roten, weissen , blauen und gelben Farben der Bauernhortensien ,Stockrosen ,Kugeldiesteln ,Margeriten und anderen bunten Sommerblumen. Mein Blick schweift zum Himmel und sucht Wolkenbilder. Da das sieht aus wie ein Delfin, und dort das könnte eine Ente sein. Ich sehe , wie der Delfin auf die Ente zu schwimmt um sie einfangen möchte er will mit ihr spielen. Sie aber reagiert neckisch , in dem sie sich blitzschnell verformt und sich einfach lautlos mit dem Blau des Himmels vermischt. Traurig verwandelt daraufhin auch der Delfin seine Form und versteckt sich unter anderen Wolken. So formen und verändern sich oft in sekundenschnelle die Wolkentiere , es sind vor allem Meerestiere, die ich sehe. .Der blaue Himmel ist das Meer, und für die Wolkentiere ein unendlich grosses Planschbecken.
Doch dann wandern meine Gedanken zu Ruth und ihrem Kind, dass fast gleich alt wie Kevin sein müsste. Ich lernte Ruth im Wartezimmer des Frauenarztes kennen. Sie war eine selbständige Geschäftsfrau, Kioskbetreiberin in der 2. Generation. In ihrem Kiosk konnte man ausser allen Zeitschriften und Klatschblättern auch sogenannte last minute Artikel , kaufen. Zucker, Windeln, Brötchen, Öl, Eier, Butter, Reis und Nudeln. Natürlich gab es auch Tabakwaren und Lotto konnte man auch spielen. Eigentlich war es eher ein Minishop als ein Kiosk. Sie erzählte, dass der Laden die Lizenz hatte von morgens 6.00 bis abends 22.00 geöffnet zu haben. Das hiess für sie und ihren Mann Dauerarbeitseinsatz im Wechsel. Auf eine 400 Euro Hilfskraft waren sie aber angewiesen. War diese mal verhindert, halfen ihre immer noch rüstigen Eltern, von denen Ruth den Kiosk ja übernahm.
Ruth war eine kleine, stämmige, dunkelhaarige Frau. Sie hatte alles im Griff und war ein ausgesprochenes Organisationstalent . Ihre warme – melodische Stimme blieb mir sofort im Kopf hängen und ist mir bis heute in äusserst angenehmer Erinnerung.
Auch sie sehnte sich, trotz der vielen Arbeit nach einem Kind.
Ihr Mann, 2 Kopf grösser und dünn wie eine Bohnenstange , eher lethargisch, und mit dem typisch männliche Tunnelblick mehr als ausgestattet , musste immer wieder angemahnt werden gewisse Arbeiten zu verrichten .“ Ja, ja, erledige ich gleich, „war immer seine Antwort. Doch zwischen seinen Äusserungen und der Tat vergingen oft Tage. Das wiederum brachte Ruth dann zu kleineren Wutanfällen. Dann kletterte ihre normalerweise so angenehme Stimme eine Oktave höher, und schwappte mit unterschiedlichen Schwingungen in ein Meer von äusserst präzisen Sätzen im Befehlston über.
Dieser ungewohnte und unangenehme Tonfall versetzte Tobias in ein ungläubiges Staunen, aber dann verrichtete er in Windeseile die vor Tagen schon angemahnte Arbeit.
Trotz dieser gelegentlichen Ausrutscher von Ruth`s Stimme, fand auch Tobias es an der Zeit, eine Familie zu gründen. Es hat sich rauskristallisiert, dass sie sich immer nach den Wutausbrüchen von Ruth besonders innig liebten, nicht nur im Bett. Das liebte er besonders. Abends, wenn keine Kundschaft mehr da war, und sie beide nochmals durch das Cafe oder den Kiosk gingen, um aufzuräumen. Dann war immer alles wieder gut .So entwickelte Tobias im Laufe der Ehejahre ein klares Konzept.
Da in den letzten Wochen und Monaten Tobias Ruth`s Stimme immer öfter Anlass gab sich in einer höheren Oktave zu artikulieren, und sie sich hinterher in wilden Versöhnungs-Liebesspiele wieder versöhnten, verstand Tobias die Welt nicht mehr. Eigentlich müsste Ruth schon lange schwanger sein. Dieser Gedanke ging auch Tobias immer öfter durch den Kopf.
Er schüttelte immer wieder seine blonde , strähnige Haarmähne und sagte, ich versteh das nicht, ich kapier das nicht. Wir machen doch alles richtig und oft genug.
So kam es dass ich und Ruth uns zufällig im Wartezimmer des gleichen Frauenarztes begegneten. Ihm eilte der Ruf voraus, dass die „ Erfolgsquote „ überdurchschnittlich hoch sei. Sein Charisma war einzigartig, und offensichtlich fühlten sich alle Frauen wohl, in dem gemütlichen, entspannten Ambiente .Seine Beratungsstunden gestaltete er sehr persönlich und er vermittelte jeder Frau den Eindruck, dass er sich nur um sie kümmere. Er zeigte grosses Verständnis für den unerfüllten Kinderwunsch, und war ebenso der Ansicht, dass das Muttersein die grosse Erfüllung, ja die Bestimmung jeder Frau sei.
Das letzte was ich von Ruth hörte, war, dass sie auch schwanger wurde. Im Gegensatz zu mir hat es bei ihr aber schon beim ersten Versuch geklappt. Sie lebt ca. 40 km von unserem Ort entfernt, in einer mittelgrossen , schwäbischen Kleinstadt mit ca. 30.000 Einwohnern.. Da sie schon 6 Wochen nach der Geburt auch wieder arbeiten wollte und musste, hatte sie keine Zeit mit „ nur Mütter und Hausfrauen „ in Kontakt zu bleiben.
Ich werde einfach mal zu ihr in ihren Minishop fahren , entweder treffe ich sie dort an, mindestens aber kann mir dann jemand Auskunft geben wie es ihr und ihrem Kind geht. Ich weiss ja nicht mal ob sie einen Jungen oder ein Mädchen bekommen hat. Es müsste ja fast gleichaltrig mit unserem Sohnemann sein.
Vielleicht könnten wir dann den Kiosk-Junior zum nächsten Kindergeburtstag mit einladen.
Sonja
Derweil plagt sich Sonja mit Gewissenbissen herum. Sie hatte in letzter Zeit ein paar Kilos zugenommen, obwohl sie immer öfter schlaflose Nächte hatte und sich täglich Vorwürfe machte. Sie kann ihren Mut überhaupt nicht mehr verstehen, den sie vor gut 6 Jahren hatte, als sie sich, damals arbeitslos und von niedriger Sozialhilfe lebend, entschied, sich als Leihmutter zu Verfügung zu stellen. Sie hatte ja schon 4 eigene Kinder, die aus dem gröbsten waren. In dem Land wo sie wohnt, ist sich als Leihmutter zur Verfügung zu stellen, eine legale Angelegenheit, und man gehört zu den Glücklichen, wenn man dazu auserwählt wird. Man kann ja nicht sagen, als Leihmutter zu arbeiten. Man trägt ein Kind, dass andere Eltern sich wünschen, für sie aus .Bei der „ Auftragsmutter „ spielen gesundheitliche Gründe meistens eine Rolle, oder , was nicht selten vorkommt, wollen jene auf keinen Fall ihre Figur ruinieren. Sie wollen keine Stillbrüste, die sich ,wenn die Milchproduktion aufhört, oft zu Hängebrüste mutieren. Sie haben Angst davor, dass sich ihr Bauch mit Schwangerschaftsstreifen schmückt, und / oder ein schlaffer Bauch zurückbleibt, , der jeder noch so raffinierten Gymnastik standhält. . Auch stünde man dann ja nicht mehr jederzeit als Sexobjekt zu Verfügung. Und überhaupt, die Geburt, die ja bekanntlich mit grossen Schmerzen verbunden ist, all das kann man sich ersparen. Mit Geld , und zwar nicht zu knapp, geht alles heutzutage, Gott sei Dank.
.In diesem Fall kamen 2 Homosexuelle auf Sonja zu. Sie waren sehr angetan von ihrer mütterlichen und warmen Ausstrahlung. Und obwohl sie mit jedem Cent rechnen musste, wirkte sie gepflegt und ihre dunkelblonden , kurzen Haare waren stets keck frisiert. Die 2 Herren wirkten äusserst symphatisch. Einer war von kleinerer Statur, er hatte schon einen beträchtlichen Bauchansatz, und seine Schläfen schimmerten interessant silberweiss. Die übrige Haarpracht leuchtete in einem wahrscheinlich getönten Braunton. Sein Partner überragte ihn um mindestens 20 centimeter, wirkte jugendlich frisch und kam sehr schlacksig daher .Seine dunklen Haare waren derart mit Gel zugepappt, dass man nicht sicher war, ob er nicht eventuell eine Perücke trug. Aber beide hatten einen sehr positiven Gesichtsausdruck und waren offensichtlich schwer verliebt. Sie outeten sich als Ehepaar, dass schon seit 3 Jahren verheiratet ist , und die Krönung ihrer Liebe sollte nun auch ein eigenes Kind sein . Sie wollten eine normale Familie sein. So ,wie viele Heteros. Ein anonymer Samenspender sollte den Samen spenden. Sie lernten sich vor vielen Jahren während einer Chemotherapie in einem Krankenhaus kennen. Sie teilten das gleiche Schicksal, und besiegten fast gleichzeitig einen Hodenkrebs. Sie sind sicher, dass ihre Liebe zueinander sie gerettet hat. Den Preis, nicht mehr zeugungsfähig zu sein, ja überhaupt keinen Samenerguss mehr zu haben, bezahlten sie wohl oder übel gerne. Dafür lebten sie und sie fanden Wege auch ohne Erguss ein erfülltes Liebesleben zu haben. ,Die Leihmutter ihrerseits spendete ein Ei, nachdem sie sich einer mehrwöchigen Hormonbehandlung unterzogen hatte. Die beiden Wunschväter konnten in einem Katalog den gewünschten Spender aussuchen. Er wurde beschrieben, ohne Foto, aber Grösse, Gewicht, Charaktereigenschaften, Haarfarbe, Augenfarbe und was er beruflich macht wurden genaustens angegeben. Sie haben sich für einen 22 jährigen Studenten entschieden, der Europäer war, und zwei Auslandsemester hier studierte. So kann kein Fehler passieren, dachten sie, studierende sind intellektuell geprägt, und das fanden sie gut .Ihr Sohn, auch das Geschlecht konnten sie wünschen , sollte auch mal die universitäre Laufbahn einschlagen. Ein Künstler in der Familie reicht. Antonio , der kleinere der beiden mit dem Bauch und den Silberschläfen war Bildhauer. Nur, es war eine brotlose Kunst, jedenfalls bisher. Fabian verdiente als Architekt die Brötchen. Er hatte immer wieder erfolgversprechende Aufträge. Neulich sogar einen Grossauftrag, der ihnen 3 bis 4Jahre ein geregeltes Einkommen sichern sollte. Die Zukunft sah also rosig aus.
Wozu gab es seit 20 Jahren die Methode, Frauen künstlich zu befruchten. Das war ihre Chance. Geld hatten die beiden im Moment genug. . So schalteten sie ein Inserat und suchten eine geeignete „ Leihmutter „.
Als Sonja das Inserat las, dachte sie, das wäre ein relativ einfacher Weg, auf einen Schlag an viel Geld zu kommen. 50.000 , so viel Geld auf einen Haufen, das wärs. Da hätte ich auf einen Schlag keine Sorgen mehr . So nahm sie die Freuden und Leiden einer weiteren Schwangerschaft gerne auf sich, als sie nach relativ kurzer Zeit erfuhr, dass die beiden Herren sie auserkoren hatten, ihren Körper zu benutzen , um ihr Wunschkind auszutragen. Sonja war ja eine sehr erfahrene Mutter, seit vielen Jahren Witwe, aber trotzdem immer fröhlich und unkompliziert. Ihre eigene schon fast erwachsene Kinderschar, hatte sie immer noch gut im Griff. Die Herren waren jedenfalls sehr beeindruckt von ihrer positiven Lebenseinstellung, und wie sie ihr Leben, das weiss Gott nicht immer einfach war, meisterte.
Mit dem Geld , dass Sonja für das Austragen des Kindes für die beiden Herren bekam, konnte sie ihren eigenen Sprösslingen endlich auch ein bisschen von dem, für viele andere Kinder so selbstverständlichen Wohlstandskuchen, bieten. Reitunterricht für den einen, Tanzkurse und für die anderen. Die 2 Grössten konnte auch den heissersehnten Führerschein machen. Es reichte sogar zu einem gebrauchten , aber trotzdem ansehnlichen Kleinwagen.
So gebar sie, nach einer unkomplizierten Schwangerschaft, in der sie in dauerndem Kontakt mit den werdenden Vätern war, nach 9 Monaten ein gesunden Jungen. Das ist alles was sie erfahren hat, nachdem sie aus der Vollnarkose erwacht ist. Sie brachte das Kind durch einen Kaiserschnitt auf die Welt.
Spätestens nach den ersten gefühlten Tritten gegen ihren Bauch, hatte sie ein inniges Verhältnis zu dem heranwachsenden Kind entwickelt. Doch hat sie sich immer wieder gesagt, dass das Kindlein nur so lange ihres ist, so lange es in ihrem Bauch wohnt. Ich lass Dich bei mir auswachsen und gebe die solange Nahrung durch die Nabelschnur. Aber dann, von dem Moment an , wo du das Licht dieser Aussenwelt erblickst , gehörst du nicht mehr mir. Es war ihr bewusst, dass dieses Kind nur während der Schwangerschaft gehörte. Sie hat sich , nur des Geldes wegen darauf eingelassen, wollte selbst auf keinen Fall mehr auch eigenen Kinder. Jetzt aber fühlte sie wieder wie bei all ihren vorhergehenden Schwangerschaften Muttergefühle aufkeimen, sie freute sich und genoss die Zeit, wo das Bestell-Kind in ihrem Bauch heranwuchs.
Das Kindlein selbst fühlte sich in ihr äusserst wohl. Es wuchs und gedeihte, fühlte sich wohl beim sanften Schaukeln im Fruchtwasser. Es liebte die kuschelig-feuchte Wärme der weichen dunklen Höhle, und genoss vor allem, dass es zu jeder Zeit über die Nabelschnur mit Nahrung versorgt wurde. Ich lebe im Paradies, dachte es oft. Ich möchte hier nie raus. Wer weiss, wie es in der unbekannten Aussenwelt zu und her geht. Ob es überhaupt ein Leben nach der Geburt gibt? Es war sich nicht sicher. Es spürte , dass es eines Tages diesen kuschligen Ort verlassen müsste, hoffte aber, obwohl der Platz immer enger wurde, dass dieser Tag noch in weiter ferne liegen würde. Es verdrängte diesen Gedanken immer wieder und genoss den Moment. Auch war es ihm völlig unklar, wie es diese feuchte Höhle verlassen müsste. Es sah keinen Ausgang, keine Öffnung .Einzig drangen ab und zu feine Stimmen und Schallwellen von beruhigender Musik , die durch die Höhlenwand drangen an seine aufmerksamen Ohren. Diese Stimme und auch die Musik schien ihm schon sehr vertraut. Das alles wirkte sehr beruhigend und wärmend auf das kleine Wesen und es beantwortete es mit einem freudigen zappeln und lutschte genüsslich zusammengerollt am rechten Daumen.
Wenn ich das Kindlein nach dem Kaiserschnitt erst gar nicht zu Gesicht bekomme, dann wird der Schmerz über den Verlust, nicht allzu gross sein. Das redete sich Sonja immer wieder ein. Und so hat man es ihr in der Klinik auch erzählt. Und so wollte sie es auch empfinden.
Doch der Schmerz über den Verlust des Kindes war viel grösser, als sie geahnt hat . Sie war in den 9 Monaten aufs innigste mit dem Baby verbunden. Sie hat auch die Fotos der verschiedenen Ultraschalluntersuchungen nicht zu Gesicht bekommen. Trotzdem, sie hat das Kind gespürt, hat für es gesungen und sich ganz gesund ernährt weder geraucht und keinen Alkohol getrunken . Das war auch die Voraussetzung, dass sie Leihmutter für diese Herren werden durfte.
Nun waren einige Jahre ins Land gezogen und ihre eigenen 4 Kinder wohnten nicht mehr mit ihr unter einem Dach. Die älteste Tochter hat sie schon zur Grossmutter gemacht. Aber alle wohnten weit weg, und die Familientreffen wurden immer spärlicher. Jeder war zu sehr mit sich selbst beschäftigt. Sie hatten eigentlich nur noch über e-mail Kontakt. Der Jugend genügte das , ihr nicht. Sie vermisste die abendlichen Spielrunden, das Geschichte erzählen und die Ausflüge die sie mit ihren Kindern zusammen oft machten. Kurz- sie hatte keine richtige Aufgabe mehr, sie wurde nicht mehr gebraucht. Dazu kam die unerwartet grosse Sehnsucht nach diesem Kind dass sie gegen Bezahlung ausgetragen hatte. Sie wollte es wenigstens einmal sehen, vielleicht sogar kurz berühren. Sie meinte immer noch ab und zu Tritte und Bewegungen zu spüren, die sie durch dieses Kind erfahren hatte. Es war ihr unbegreiflich. Bei keinem ihrer leiblichen Kinder spürte sie eine solche Sehnsucht nach der Geburt dass das Kind in den Bauch zurückkriechen möge ,sich wieder einbetten sollte in ihre warme feuchte Höhle. Wie gerne würde sie dieses Kind noch weiter tragen, in ihr, unendlich, ihr Bauch dürfte ein Leben lang so dick und beschwerlich bleiben. Wenn es nur zurückkäme, zu ihr, in ihr Inneres.
Wortlos hat man sie nach dem Kaiserschnitt, den sie in Vollnarkose verbrachte, in das Krankenzimmer zurückgeschoben. Sie durfte noch 4 Tage im Krankenhaus bleiben. Aber weder eine Schwester noch der behandelnde Arzt sprachen nur ein Wort mit ihr über die Geburt. Sie wurde fast wie eine Aussätzige behandelt. Sie kam sich plötzlich nutzlos und ausgebeutet vor.
Man hat ihr in Vollnarkose die Bauchdecke aufgeschnitten , dass Kind was sich 9 Monate in ihr entwickelte und wuchs einfach rausgeholt. Sie hat es nie gesehen, nur erfahren dass es gesund und ein Junge war.
Nun träumte sie stundenlang davon und stellte sich dieses Kind vor. Ob es Ähnlichkeit hat mit einem seiner Geschwister ? Ist es lebhaft oder eher ruhiger Natur ? Sie bildete sich ein , dass das Kind noch in ihr sei,
streichelte zärtlich über ihren immer noch recht üppigen Bauch und bildete sich ein Bewegungen zu spüren, ja sie spürte sie. Das waren ganz grosse Glücksmomente in ihrem unterdessen so ereignislosen Leben.
Die ersten Wochen nach der Geburt meldeten sich die 2 Väter schon mal ab und zu telefonisch , haben sie sogar um Rat gefragt Sie haben ihr bestätigt , dass sie einen gesunden Jungen ausgetragen hat, was sie sehr glücklich machte. Dann aber hörte der Kontakt abrupt auf. Nun weiss sie nichts mehr. So sollte es auch sein, so stand es in dem Vertrag den sie in ihrer Geldnot unterschrieben hatte.
Aber jetzt, jetzt sah alles anders aus. Ihr Inneres war aufgewühlt, ihr Herz begann unregelmässig zu schlagen, ihr Blutdruck stieg höher und höher. Die Medikamente die sie einnehmen musste, bekämpften ja nur die Symptome, nicht aber die Ursache. Die Ursache, das wusste sie genau, war die Sehnsucht nach dem Kind das sie ausgetragen und geboren hatte, das sie aber nie sehen , geschweige den berühren durfte. Der Schmerz wuchs ins unermessliche.
Ihre Urgrosseltern stammten aus Deutschland, dem Schwabenland. Sie wollte schon immer deren Heimat kennen lernen. Sagte man Sonja doch nach, dass sie viel schwäbisches Blut in sich hätte. Sie war fleissig, sparsam und penibel sauber. Doch schon ihr Vater heiratete eine Eingeborene im Ausland, und somit vermischte sich das schwäbische Blut immer mehr.
Nach langem recherchieren fand sie ein paar Adressen heraus, alles Leute mit dem Namen ihres Urgrossvaters. 2 davon wohnten immer noch in der schwäbischen Kleinstadt, aus der auch ihre Urgrosseltern ausgewandert waren. Es stellte sich heraus, dass es sich um Verwandte ihrer Urgrosseltern handelte, und so entschloss Sonja kurzerhand, eine längere Reise nach Europa zu unternehmen. Aber vor allem um die Heimat ihrer Urgrosseltern kennen zu lernen.
Nach regem e-mail Verkehr und durch Skype – Bild-Telefonate auch auf das Aussehen des anderen vorbereitet ,wobei man übrigens eine gewisse Ähnlichkeit des Types untereinander festgestellt hat, machte sie sich auf die Reise zu ihren entfernten Verwandten. Es war ein freudiges, aber trotzdem komisches Gefühl. An einem herrlichen Frühlingstag flog Sonja ihrer ungewissen Zukunft entgegen und landete pünktlich am Stuttgarter Flughafen, wo sie schon mit grosser Neugier und Herzlichkeit von ihren Verwandtschaft erwartet wurde.
Antonio und Fabian
Mit Sascha
Es war reiner Zufall, das die beiden Homosexuellen Väter ,Antonio und Fabian , letzterer war unterdessen besonders in Europa ein erfolgreicher und bekannter Architekt , schon vor 2Jahren ,in der gleichen schwäbischen Kleinstadt sesshaft wurden, in der entfernte Verwandte von den Urgrosseltern von Sonja immer noch sesshaft waren.
Antonio und Fabian nannten ihren Sohn Sascha. Er besuchte einen privaten Kindergarten. Sascha war ein aufgeweckter , temperamentvoller Junge. Seine Väter waren sehr stolz auf ihn, und machten alles, damit es ihm an nichts fehlte .Obwohl erst 5 Jahre alt, wirkte er doch schon sehr reif. Er war grösser als seine gleichaltrigen Kameraden und äusserst kampfeslustig. Im Gegenzug konnte er aber wieder sehr charmant und liebenswert sein. Er sprach fliessend englisch und auch schon gut deutsch. Ohne schwäbischen Akzent, darauf legten seine Väter wert. In dem privaten Kindergarten den er besuchte war sowieso Hochdeutsch die Umgangssprache, da die meisten Kinder aus wohlhabenden Elterhäusern stammten. Sascha wirkte manchmal schon ein wenig altklug in seiner Ausdrucksweise. Sei es verbal oder in seiner Gestik und Mimik. Seine rotblonden Locken umrahmten ein äusserst freundlich wirkendes , mit Sommersprossen übersätes Kindergesicht. Seine grüne Augen steckten voller Neugier. Er war nicht nur was das Essen, nein auch was seinen Willen anbelangt ein ewiger Nimmersatt. Beide Väter übten sich aber immer oder meistens in viel Geduld und gaben sich immer Mühe auf all seine Fragen auch eine gute Antwort zu finden. Der Kinder Garten wurde im Sinne der Montessori -Pädagogik geführt. Maria Montessori war die erste promovierte Ärztin Italiens. Sie gründete 1907 das erste Kinderhaus in einem Armenviertel von Rom , und betreute dort vor allem sozial benachteiligte Kinder. Es sprach sich schnell herum wie viel Erfolg ihre Methode hatte. Sie zwang die Kinder zu nichts. Es basierte alles auf freiwilliger Basis. Es gab weder Lob noch Tadel. Heute würde man sagen : learning by doing .Der Erfolg gab ihr Recht. Heute sieht das aber insofern anders aus, als dass eher die finanziell bessergestellten Schichten ihre Kinder auf diese Schulen schicken. Da sie fast ausschliesslich auf private Initiativen entstanden sind, ist der monatliche Beitrag recht hoch.
Antonio, der jetzt nur noch als Hausmann tätig war, hat Sascha oft beauftragt, auf dem Heimweg vom Kindergarten, noch am Kiosk eine Zeitschrift, ein Brot oder Milch einzukaufen. Auf diese Art wollte er ihm beibringen, dass alles etwas Geld kostet, aber auch sollt er selbstständiges handeln und einkaufen üben. Im Gegensatz zu fast allen Mitschülern im Kindergarten , wurde Sascha nur sehr selten mit dem Auto abgeholt. Er selbst fand das anfangs absolut uncool, aber mit der Zeit wollte er den Nachhauseweg zu Fuss, und in Begleitung gleichaltrigen oder älteren Kinder nicht mehr missen. Der Weg war ungefährlich. Der Verkehr in diesem Viertel hielt sich in Grenzen.
Ruth und Tobias
Mit Jakob
Ruth und ihr Mann Tobias betrieben nun seit 2 Jahren auch noch ein Cafe. Tobias war eigentlich Bäcker von Beruf. Da er aber während seiner Lehre immer schon um 4 Uhr morgens, wenn nicht früher, in der Backstube antreten musste, beschloss er schon früh, den Beruf nach der Lehre nicht auszuüben. Er biss sich durch, da er seine Eltern nicht enttäuschen wollte. Da ihn sein Lehrmeister dann nach 3 jähriger Ausbildung auch nicht übernehmen konnte, hatte er einen Grund, sich anderweitig zu orientieren. Er lernte dann auch bald darauf Ruth kennen, die den Kiosk noch zusammen mit ihren Eltern betrieb. Erst half er dort nur aus, dann wurde aus Freundschaft Liebe zwischen den beiden, und so konnte er fast übergangslos sein Berufsleben umgestalten. Viel arbeiten musste er jetzt auch, aber die Nächte gehörten ihm und Ruth.
.Im Cafe wurden vorzugsweise Cafe to go und Sandwiche verkauft. Auch frische Obstsäfte, Obstsalate und Yogurths in allen Geschmacksrichtungen boten sie an. Natürlich verkauften sie auch Kuchen und Torten. Es gab ungefähr 40 Sitzplätze, die meistens waren vor allem über die Mittagszeit und nach Büroschluss gegen 17.00 besetzt . In dem Cafe herrschte eine ganz andere Atmosphäre als in dem Kiosk. Hier hatte man Zeit, man stand oder sass zusammen und trank einen Cafe Machiato oder Espresso und erzählte sich das Neueste von der Arbeit und tauschte Neuigkeiten über die Vorgesetzten und Kollegen aus. Es ging zu wie im Bienenhaus , dementsprechend war der Lärmpegel trotzdem war es eine leichte, unbeschwerte und fröhliche Atmosphäre. Das Cafe lag verkehrsgünstig in der nähe von Banken und Geschäften, so dass vor allem Berufstätige sich dort in ihren Pausen trafen. Es waren dann oft dieselben, die auf dem Nachhauseweg im Kiosk noch was einkauften, was sie grade nicht zu Hause hatten. Die meisten wussten aber nicht, dass die beiden Geschäfte Ruth und ihrem Mann Tobias gehörten. Ruth war jetzt fast nur noch im Büro beschäftigt kümmerte sich um Bestellungen und die Buchhaltung. Ihr Mann Tobias schaute, dass es unter den Angestellten reibungslos funktionierte. Beide bekam man nur noch zu Gesicht, wenn ein Mitarbeiter unerwartet erkrankte oder wenn der Ansturm, vor allem in der Mittagszeit zu heftig war.
Ihr Sohn Jakob war unterdessen 5 Jahre alt, ein aufgewecktes Bürschchen und er hatte viel von der Geschäftstüchtigkeit seiner Mutter geerbt. Er tauschte schon mit viel Erfolg alte Spielsachen für neuere, verkaufte , natürlich ohne das Wissen seiner Eltern, Sandwich die am Tag zuvor übrig blieben an Kameraden für einen Einheitspreis von 50 Cent. Er war ein begehrter Spielkamerad und entwickelte ein grosses Talent im Fussballspielen. Er wuchs sehr selbständig auf und war oft bei seinen Grosseltern. Der Grossvater, den Jakob liebevoll Opa Karlson nannte. Jakob war der Meinung , wenn man auf den leicht gebeugten Rücken seines kleinen stämmigen Grossvater einen Propeller schrauben würde, dann müsste sein Opa fliegen können, wie Karlson im Bilderbuch. Grossvater also bastelte und baute mit Jakob so oft es ging. Unterdessen brachten sie schon elektrische Motoren in Legobausätze an. Auch eine Märklin-Eisenbahn Spur O stellten sie zusammen auf. Das war natürlich vor allem für Opa Karlson eine tolle Beschäftigung, der sich dabei in seine Kindheit zurückversetzt fühlte. Doch auch Jakob hatte viel Spass dabei und genoss die Stunden, die er mit seinem Opa Karlson zusammen verbringen durfte.
Das einzige was Ruth und Tobias noch vor ein paar Jahren irritierte war, dass ihr Sohn äusserlich so gar nicht in das Schema ihrer Familien passte. Er war relativ gross, sehr hellhäutig, und seinen runden Kopf zierte eine wilde rotblonde Lockenpracht. Ruth nannte ihn, wie er noch kleiner war, oft „unser Sams „Als Jakob ca. 31/2 Jahre alt war, und er zum ersten mal eine Samsgeschichte hörte und auf dem Buchumschlag auch ein Abbild von dem rothaarigen, mit Sommersprossen übersäten Gesicht sah, protestierte er heftig und schrie immer wieder, ich bin kein Sams, ich bin Jakob. Er bekam dabei richtige Tobsuchtsanfälle, von denen er sich immer nur schwer erholte. Von da an hütete sich Ruth ihren Sohn so zu nennen. Auch alle Samsbücher waren von nun an in diesem Haus ein Tabu.
Ruth und Tobias staunten nicht schlecht, als sie vor fast einem Jahr Post aus Amerika erhielten. Sie stellten, nach gründlichem recherchieren fest, dass Sonja, die Frau die ihnen geschrieben hat, eine Verwandte von ihnen war. Sonjas Ur-Grosseltern wanderten vor über 100 Jahren aus in die Vereinigten Staaten von Amerika. Die Urgrossmutter von Ruth und die Urgrossmutter von Sonja waren Schwestern. Da sich jene nie mehr gemeldet hat, nachdem sie ausgewandert war, haben die zurückgebliebenen Verwandten das Interesse an ihr verloren, und angenommen, dass sie auch keinen Kontakt mehr zu ihrer alten Welt wollte.
Nun aber freut sich vor allem Ruth, ein Lebenszeichen dieser entfernten Cousine erhalten zu haben. Kurz entschlossen haben sie Sonja eingeladen, sie im Schwabenland zu besuchen. In den Telefonaten wo sie sich gegenseitig per Bildschirm sehen konnten, fanden sie sich äusserst sympathisch und stellten sogar eine gewisse Ähnlichkeit nicht nur in ihrem Aussehen, nein auch in beiderseitigen Charaktereigenschaften fest. Sonja schien genauso tüchtig und fleissig wie Ruth. So spekulierte Ruth bei der Einladung nicht ganz uneigennützig auch auf die Mitarbeit von Sonja in ihrem Kiosk und Cafe . Sie würde dann auch, nähme sie das Angebot an, so lange sie wollte bei ihr und Tobias wohnen können.
Alice und Frank
Mit Nils
Nils wird seinem Papa immer ähnlicher, dachte Alice, die 2. Frau von Dr. Frank Römer, von ihrem Sohn. Er wird in 6 Monaten 5 Jahre alt. Wie doch die Zeit vergeht. Es war ihr als sei es gestern gewesen, als sie ihren Mann während eines Seminars in Paris kennen lernte. Sie behauptet, dass es Liebe auf den ersten Blick gewesen sei. Er ist da etwas zögerlicher und meint, ja, sympathisch sei sie ihm von Anfang an gewesen. Aber er hatte sich grade wieder an ein Stück Freiheit und Unabhängikeit gewöhnt. Er war seit einem knappen Jahr geschieden. Seine erste Frau hatte ihn mit dem Gärtner betrogen. Nicht nur dass er es lange nicht wusste oder gar ahnte, sie besass sogar die Dreistigkeit ihren Liebhaber gleichzeitig im Haus zu empfangen, während ihr Mann erschöpft vom Nachtdienst damals arbeitete er noch in einem Krankenhaus, im Elternschlafzimmer schlummerte. Ihre Ehe war schon seit fast mehreren Jahren sehr angespannt. Er war weiss Gott auch kein Heiliger. Hatte auch mal eine kurze aber intensive Affäire mit einer Kollegin, hat diese Sache dann aber wieder schnell beendet, da er seine Ehe retten wollte. Tief im Herzen liebte er seine erste Frau ja auch sehr lange abgöttisch. Er trug sie , vielleicht viel zu lange auf Händen.
Natürlich ist eine Scheidung nie lustig, aber im Grossen und Ganzen hat man sich gütlich getrennt, und das Sorgerecht der 2 Kinder wurde zwischen den Eltern aufgeteilt. Es hat sich unterdessen alles bestens eingespielt. Die Kinder scheinen die Situation zu akzeptieren , und die Befürchtung, dass ihre schulischen Leistungen nachlassen könnten, haben sich nicht bestätigt. Sie kommen alle 14 Tage am Wochende zum Papa. Es herrscht immer eine gegenseitige grosse Freude auf das Wiedersehen. Unter der Woche ergibt sich auch regelmässig die Gelegenheit, wo die Mädels ihren Papa sehen können. Frank ist immer sehr beschäftigt, und hat unterdessen den Ruf, eine besonders hohe Erfolgsquote bei der künstlichen Befruchtung zu haben. Es kommen sogar Frauen aus dem europäischen Ausland. Der Stuttgarter Flughafen ist nur 1 Std. entfernt, von der mittelgrossen schwäbischen Kleinstadt, wo Dr. Frank Römer nun seit Jahren praktiziert.
Alice, war sehr glücklich, dass sich Frank doch noch ihrem heissen Wunsch beugte, auch mit ihr ein Kind zu zeugen. Erst wollte er kein 3. Kind Doch die Liebe zu seiner zweiten Frau war echt und tief und er verstand die Sehnsucht von ihr, Leben von ihm zu empfangen und auszutragen. Er weiss, dass Mutter zu sein für jede Frau die Erfüllung ihres Lebens ist. Da er sie über alles liebte und achtete, wollte er ihr diesen grossen Wunsch auch erfüllen. Alice war die absolut perfekte Frau für ihn. Im Winter genossen sie zusammen den Schnee in den Bergen mit Schneewandern und Skifahren. Im Sommer das Wasser des Meeres und der Seen in ihrer Nähe mit schwimmen, segeln und surfen. Und mit ihr konnte er endlich die Diskussionen führen, die er immer so vermisste. Kurz, sie hatten in allem die gleiche Wellenlänge und Interessen.
Ihr Sohn Nils ist aber so ganz anders als seine 2 Halbgeschwister . Er ist fast ein Ebenbild seines Vaters. Sehr gross und massig für sein Alter ,ein roter Lockenkopf ziert sein Gesicht , dass mit Sommersprossen übersät ist. Er wirkt auf den ersten Blick etwas schwerfällig, aber dieser Schein trügt. Nils ist ein wendiges sportliches Kerlchen. Humorvoll und der Schalk sitz ihm immer im Nacken. Mit seinem offenen warmen Lachen, erobert er im Nu alle Herzen. Genau wie sein Vater.
Da Alice auch weiterhin zu 75% berufstätig als Allgemein Ärztin ist, war es notwendig, dass sie schon immer eine Nanny beschäftigten. Mit Julia, einer gemütlichen Österreicherin, hatten sie grosses Glück. Sie kam ins Haus, als Nils fast 1 Jahr alt war und sie wird von ihm heissgeliebt. Ja man könnte fast sagen dass Julia mehr Einfluss auf Nils hat als seine leibliche Mutter. Die geduldige liebevolle aber trotzdem bestimmte Art der jungen Österreicherin ist die richtige Mischung für dieses quirlige Kerlchen.
Der Vater hat nur wenig Zeit unter der Woche. An den Wochenenden, wo er sich in der Regel 14 täglich auch um seine Kinder aus der ersten Ehe kümmert, ist Nils immer dabei. Dieser geniesst es sichtlich von den 2 älteren Schwestern bemuttert und umsorgt zu werden. Jetzt wo er schon 4 ½ Jahre alt ist, lässt er sich schon gar nichts mehr gefallen. Aber er verteidigt seine Meinung immer mit viel Charme, so dass die beiden Schwestern einfach nur nachgeben können und ihn schon lange in ihr Herz geschlossen haben.
Dr.Römer und seine Frau Alice waren der Ansicht , entgegen der Meinung von Julia der Nanny, dass es langsam an der Zeit sei, Nils in einen Kindergarten anzumelden. Man war sich sofort einig, dass nur ein privater Kindergarten in Betracht kommt. Dr. Römer war ein starker Anhänger und Verehrer der italienischen Ärztin Montessori, und da es , nicht allzu weit von ihrem Wohnort ein Kindergarten gibt , der im Sinne von Fr. Dr. Montessori geführt wird , war es klar, wo Nils angemeldet werden sollte. Zum grossen Glück von Julia, setzte man Nils erstmal auf die Warteliste. Die Nachfrage war so enorm dass es recht lange Wartezeiten gab.
Julia fürchtete um ihren Job bei Dr. Römer, wenn Nils erst mal im Kindergarten sei. Sie fühlte sich unterdessen pudelwohl in diesem Haushalt. Nils war wie ein eigenes Kind für sie. Frau Dr. Alice Römer liess ihr alle Freiheiten und hatte volles Vertrauen in die gebildete und charmante Österreicherin. In der Tat, Julia machte Nils sehr gekonnt und fachmännisch mit klassischer Musik vertraut. Er beherrschte die Tonleiter nicht nur in C-Dur auf dem Klavier und übte täglich freiwillig . Seine kleinen, aber für sein Alter recht grossen Hände wanderten flink über die weissen und schwarzen Tasten. Er sang und jauchzte mit und seine vollen , mit Sommersprossen übersäten Backen fingen an rot zu glühen vor Begeisterung. Auch beherrschte er schon fast das ganze ABC .Wenn die Druckbuchstaben gross genug waren in seinen Kinderbüchern, versuchter er immer öfter, die Wörter zu lesen. Es gelang ihm schon vorzüglich. Julia behandelte Nils eher schon wie einen kleinen Erwachsenen. Dieses Verhalten war nicht absichtlich. Es bot sich einfach an. Nils reagierte auf Spiele seines Alters immer mit Zornausbrüchen, oder desinteressiert. Sobald er aber richtig gefordert wurde, blühte er auf und saugte neues Wissen auf wie ein trockener Schwamm.
Sonja
Nun stand Sonja endlich da, nach einem fast 12 stündigen Flug an der Kofferausgabe, im Stuttgarter Flughafen. Die freudige Erwartung überspielte ihre Müdigkeit. Sie konnte auf dem langen Flug kaum ein Auge zu tun. Direkt hinter ihrem Sitz weinte und schrie ein ca. 18 Monate altes Kind fast die ganze Zeit. Schlief das völlig übermüdete mädchen endlich mal für kurze Zeit ein, liefen andauernd Mitpassagiere an ihrem Sitz vorbei, um auf Toilette zu gehen. Dabei wurde sie oft angestupst. Ihr Sitznachbar kippte in der ersten Stunde ungeheure Mengen an Rotwein in sich, so dass er danach auch bald einschlief und entsetzlich schnarchte.
Aber das ist jetzt alles vergessen und unwichtig. Ungeduldig wartete sie auf den Koffer. Sie war sehr erstaunt, dass viele Gepäckstücke fast gleich aussahen. Grau oder schwarz. Das war für sie persönlich gut, hatte sie doch ein tolles Modell im Angebot gekauft, dass wahrscheinlich auch nur günstig war, weil die Farbe nicht jedermanns Sache ist. Knallorange, wer wollte das schon. Sonja war das aber egal. Das Material ist herrvorragend, der Koffer leicht und in viele Fächer unterteilt. Ausserdem, der Koffer dient ja nur als Aufbewahrungsbehälter, ich muss ja keine Modenschau mit ihm gewinnen. Das waren damals ihre Überlegungen .Und so schnell kommt dieses auffallende Stück bestimmt nicht abhanden. Wie recht sie damit hat. Schwupps, da wird er , aus den Tiefen des Flughafens kommend auf das Rollband gespukt. Sie schnappt ihn , stemmt ihn auf den bereitstehenden Gepäckwagen und macht sich auf Richtung Ausgang.
Beim Zoll wird sie gefragt ob sie was zu verzollen habe. Sie verneinte und konnte so mühelos, ohne Warteschlange die Passkontrolle passieren.
Ruth und Tobias hielten schon aufgeregt Ausschau nach Sonja. Eigentlich müssten wir sie ja auf Anhieb erkennen. Sie haben Sonja oft genug am Bild-Telefon gesehen. Ausserdem hat sie tatsächlich Ähnlichkeit mit Ruth.
Tobias hielt ein grosses HERZLICH WILLKOMMEN SONJA, geschrieben auf einem Karton, in die Höhe. Ruth hat einen bunten Sommerblumenstrauss in der linken Hand. Die Rechte war reserviert zum Winken und Begrüssen.
Und da kam sie! Unübersehbar mit einem knallorangenen Koffer. Auch Sonja erkannte die beiden sofort, und das Plakat stach ihr sofort in die Augen. Herzlich Willkommen Sonja, las sie. Sie hatte sich in dem Jahr, wo sich sich auf die Suche nach ihrer deutschen Verwandschaft gemacht hat, auch ein paar Deutschkenntnisse angeeignet. Sie fühlte sich gewappnet, einfache alltägliche Sätze zu sprechen und zu verstehen.
Die beiderseitige Freude war gross. Ruth und Sonja kam es vor, als würden sie sich bestens kennen, und Sonja käme nur von einer langen Reise zurück. Sonja selbst war überrascht von der sofortigen Vertrautheit, die sie füreinander empfanden. So eine enge Bindung, ausser zu ihren Kindern, hatte sie in ihrem Leben noch nie erfahren. Sie war überglücklich und auf einen Schlag war all ihr Kummer und Sehnen nach ihrem zuletzt geborenen Kind vergessen.
In der Tat machten es Ruth und Tobias , auch mit Hilfe von Jakob, Sonja leicht, sich im neuen Zuhause wohl zu fühlen. Vor allem Jakob fühlte sich zu der unerwartet hinzugekommenen Tante sehr zugezogen. Durch ihn lernte Sonja auch fast mühelos die deutsche Sprache. Ihr Wortschatz vervollständigte sich täglich. Schon nach 10 Tagen ging sie begeistert mit in den Mini-Shop und half gerne bei der Arbeit. Endlich hatte sie wieder eine Aufgabe . Die Leute hier waren alle sehr freundlich und hilfsbereit. Ausserdem kam es Sonja sehr entgegen, dass man hier alles so pflegte und putze wie sie es liebte, in ihrer Heimat bildete sie mit diesen Eigenschaften eine Ausnahme , und wurde heimlich oft belächelt.
Eines Tages, sie hatte sich für die Mittagschicht eingetragen, war sie überrascht, Jakob im Kiosk zu sehen. Normalerweise nahm er sein Mittagessen bei seinen Grosseltern ein. Freundlich sprach sie in an, und fragte ihn , ob mit den Grosseltern irgend was nicht in Ordnung sei. Erstaunt schaute der Bub zu ihr hoch und meinte ernst ,“ ich heisse Sascha,“ und fragte sie von welchen Grosseltern sie spreche. Komm , lass den Scherz, war die lakonische Antwort von Sonja. Der Junge schüttelte den Kopf und lachte, betonte aber bestimmt, dass sein Name Sascha sei. Nun, bei ganz genauem Hinsehen stellte Sonja auch fest, dass sie sich geirrt hatte. Es gab kleine Unterschiede. Die Form der Lippen , sie waren voller, vor allem die Oberlippe, und die Anzahl der Sommersprossen unterschieden sich von Jakob. Auch die Ohren waren auffallend , fast eckig geformt. Diese Lippen und Ohren erinnerten sie an ihre eigene. Als Kind wurde Sonja oft wegen ihrer Quadrat-Ohren gehänselt. Trotzdem die Ähnlichkeit mit Jakob war verblüffend.
Wer sind deine Eltern und wo wohnst du, fragte sie Sascha neugierig. Sascha aber wurde von klein an beigebracht, fremden Menschen keine Auskunft über seine Familie und den Wohnort zu geben. Seine Eltern, Antonio und Fabian gehörten unterdessen zu der wohlhabenden Oberschicht. Sie bewohnten eine ansehnliche Villa in dem angesagtesten Viertel der Stadt.
So wie der Junge unerwartet vor ihr stand, so plötzlich war er verschwunden, ohne zu bezahlen. Er nahm , bevor Sonja in ansprach eine Tüte Milch und „die Zeit“ aus dem Regal.
Na so was, Sonja rieb sich die Augen und war sich plötzlich nicht mehr sicher, ob sie das alles nur geträumt hatte, oder ob es Wirklichkeit war. Ihr Herz pochte zum zerspringen. Sie lief, vor lauter Aufregung, rot an und schnappte nach Luft.
Sie fühlte, dass dieser Junge, oder war es doch nur ein Phantom, mit ihr verbunden war. Da zu dem Zeitpunkt keine andern Kunden in dem Kiosk waren, traute sie sich nicht, abends Ruth und Tobias von dieser Begegnung zu erzählen. Damit abends die Abrechnung stimmen würde, legte sie das fehlende Geld von der Zeitung und der Milch, mit denen der Junge unbezahlt verschwand, in die Kasse Die halten mich sonst für unglaubwürdig, dachte sie, und hoffte innerlich , dass der Junge, der sich Sascha nannte, bald mal wieder auftauchen würde.
Auch Sascha war von der Begegnung mit dieser für ihn bis dahin unbekannten Frau , eigentümlich berührt. Mit schlechtem Gewissen schlich er nach Hause und versenkte das übrig gebliebene Geld in sein Sparschwein.
In den nächsten Tagen werde ich hoffentlich wieder zum Einkaufen geschickt, damit ich das Missgeschick ausbügeln kann, hofft er. Antonio und Fabian dürfen das nicht erfahren.
In Sonja keimte seit dieser Begegnung die heisse Sehnsucht nach ihrem für Antonio und Fabian ausgetragenen Kind, wieder voll auf. Ihre innere Unruhe wuchs täglich . Sie verlor an Appetit , vertippte sich andauernd an der Kasse und die grosse Freude am Umgang mit den Menschen und der Arbeit verflog zusehends.
Dieses neue seltsame Verhalten von Sonja blieb auch Ruth und Tobias nicht verborgen. Erst dachten sie, dass Sonja Heimweh habe. War sie unterdessen doch schon über ein halbes Jahr bei ihnen. Sie hatte ihr Visum aber erst neulich nochmals verlängern lassen. So konnten sie sich keinen Reim auf das merkwürdige und unterdessen auch beängstigende Benehmen von Sonja machen.
Sonja selbst hoffte insgeheim täglich, dass sie Sascha nochmals begegnen würde. Aus diesem Grund liess sie sich , wann immer es ging, für die Mittagsschicht eintragen.
Yvonne und Lukas
Mit Kevin
Kevin ist unterdessen ein begeistertes Kindergartenkind. Ich fahre ihn täglich hin und hole ihn auch ab. Leider wohnen seine neuen Spielkameraden in der ganzen Gegend verstreut, so dass sie sich nach dem Unterricht kaum sehen können. Kevin erzählte schon gleich am ersten Tag,, dass er sich mit Sascha angefreundet habe. Dieser sieht fast so aus wie ich, und alle glauben, dass wir Zwillinge seien, erzählte er anfangs ganz aufgeregt. Ich habe mir fest vorgenommen, diesen Jungen selbst mal anzuschauen, nur hat sich bis heute die Gelegenheit nicht ergeben. Es kommt ja vor, dass es ähnliche Typen gibt.
Da bald Elternabend ist wird sich dann rausstellen, ob besagter Sascha wirklich so viel Ähnlichkeit mit Kevin hat. Das wäre der Leiterin bestimmt auch aufgefallen.
Mich plagen im Moment ganz andere Sorgen. Unsere Ehe funktioniert nur noch auf dem Papier. Lukas kommt und geht wann er will. Um Kevin kümmert er sich so gut wie gar nicht mehr. Wir sprechen zwar noch miteinander, aber eigentlich nur über belanglose Sachen. Lukas wird zunehmend mürrischer. Seine humorvolle fröhliche Art hat er verloren. Zugegeben, ich kümmere mich auch nicht gross um ihn. Die Jahre wo Kevin ein Baby und Kleinkind war, haben wir beide uns ja auch überwiegend um unser Kind gekümmert. Irgendwie blieb unsere Liebe langsam aber sicher auf der Strecke. Sie schlich sich davon , fast unbemerkt. Jedenfalls von mir. Ich dachte immer, dass auch Lukas Zärtlichkeiten genügten, so wie mir. An meine Launenhaftigkeit muss er sich eben gewöhnen. So bin ich nun mal. Meine innere Unzufriedenheit, liess ich eher an Lukas aus als an meinem heiss geliebten Kevin. Irgendwie war ich eifersüchtig auf das Leben von Lukas. Er hatte Erfolg, er kam raus unter interessante Menschen. Ich hier, auf dem Bauernhof verkümmerte langsam aber sicher. Das merkwürdige ist, dass ich diese Form des Lebens ja selber sehnlichst
Selber wünschte, ja ich war vor Jahren die treibende Kraft und überzeugte Lukas schliesslich aufs Land zu ziehen. Doch an stelle der Begeisterung der ersten Jahre hat sich schon lange ein anhaltender Frust in meinem Herzen festgesetzt. Auch ich wurde zunehmend unzufriedener und mürrischer. Die Gartenarbeit, die mir ursprünglich das Herz öffnete, wird mir zur Last. Tausend Dinge fange ich an, nichts führe ich zu ende, was wiederum meinen Mann auf die Palme bringt.
Ich bemerke aber immer öfter, dass er sich überhaupt nicht mehr für mich interessiert, und er immer mehr sein Leben führt.
So kann das nicht weiter gehen. Ich muss auch mein Leben ändern. Bei der nächsten Gelegenheit werde ich mir einen Job suchen, und dann ausziehen. Das habe ich mir fest vorgenommen.
So war es bestimmt kein Zufall, dass mir das kleine fettgedruckte Inserat in der Zeitung die in der nahe gelegen Kleinstadt wöchentlich erscheint, sofort ins Auge fiel. Cafe „ Pudelwohl „ sucht flexible Mitarbeiterin für Service als auch für die Buchhaltung . Arbeitszeit und Gehalt nach Absprache. Es folgte keine Adresse aber eine Telefonnummer.
Kurz entschlossen rief ich an.
Mir stockte der Atem, als mir die immer noch in meinem Kopf gespeicherte warme -melodische Stimme von Ruth entgegenklang. Ruth ! bist du das ?
Ja, tönte es vom anderen Ende der Leitung. Wer sind sie ? Ich bin Yvonne, wir kennen uns aus Dr. Römers Wartezimmer. „ Ja, natürlich.“ Und es folgte ein Wortschwall der Erinnerungen und Erzählungen über unsere Söhne, die fast im gleichen Alter sind.
Den Job bekam ich auf Anhieb, und wir verabredeten uns, dass ich am Wochenende mit Kevin und den Bewerbungsunterlagen bei ihr zu Hause vorbeikomme.
VOLLTREFFER ( Roman )
Yvonne und Lukas
Innerlich war ich natürlich sehr aufgewühlt und voller Spannung .Auch die warme Stimme der äusserst attraktiven, dunkelhaarigen Helferin, vermochte es nicht, meinen starken Herzschlag zu bändigen. Sie bat mich , nach einer mir endlos erschienenen monoton langen Wartezeit, in Wirklichkeit waren es nur knappe 15 Minuten ,in die Umkleidekabine zu gehen. Ihre Aufforderung“ machen sie sich untenherum frei , und setzen sie sich dann auf den Behandlungsstuhl, Dr. Römer kommt gleich“, klang routiniert, aber dennoch persönlich.
Für mich hat dieser Satz heute eine ganz besondere Bedeutung.
Es war mein dritter Versuch, schwanger zu werden. Meine letzte Chance. Sollte es diesmal auch nicht klappen, müssten wir uns wohl an den Gedanken gewöhnen, keine Eltern zu werden. Nie ein eigenes Kind auf den Armen zu halten, ja unsere Gene nicht weiter geben zu können. Unsere Liebe war und ist eine grosse Erfüllung, aber der Sinn des Lebens besteht ja vor allem darin, sich zu vermehren, Leben weitergeben. Ich bin der festen Überzeugung, dass man in den Kindern und Enkeln, weiterlebt. In irgend einer Form. Darum gibt keinen endgültigen Tod. Irgend etwas, sei es die Nase, die Augen die Gesichtsform oder der Körperbau und / oder eine bestimmte Charaktereigenschaft ,lebt von einem in einem Nachkommen weiter. Das ist für mich die Auferstehung, das Weiterleben nach dem Tod, das ewige Leben sozusagen. So sehe ich das heute.
Nun , halb sitzend, halb liegend , auf dem harten aber trotzdem angenehm gepolsterten Gynäkologenstuhl , warte ich , mit gespreizten Beinen, auf Dr. Frank Römer. Meine frisch rasierte Scham hat die freundliche Helferin mit einem wohl temperierten , weichen Tuch abgedeckt, was ich als sehr angenehm empfinde.
Dann endlich kommt er, in Gestalt eines massigen, grossen, aber äusserst freundlichen Mannes, der Arzt, der nun gleich mit seiner Behandlung mein , unser, ganzes Leben umkrempeln wird. Er nickt mir freundlich zustimmend zu. Seinen roten Lockenschopf wird von einem grünen Käpi bedeckt. Seine fleischigen Hände sind umhüllt von hauchdünnen Gummihandschuhen.
Ich kannte ja diese grossen Tatzen, mein Mann und ich waren mehrfach vorher zu Beratungs- und Aufklärungs-Gesprächen mit ihm zusammen getroffen. Beim ersten Händedruck zuckte ich leicht zusammen, so kräftig, aber gleichzeitig angenehm warm, war er. Diese Hände werden mich also künstlich befruchten, dachte ich, natürlich nicht die Hände direkt. Aber diese voluminösen Hände werden gleich eine Kanüle in meine Scheide schieben, worin sich die befruchtete Eizelle von mir und dem Samen meines Mannes befindet. Ich hoffe nun endlich, beim 3. Versuch, nach der ICSI Methode schwanger zu werden. ICSI heisst intrazytoplasmatische Spermieninjektion. Da wird vorher ein einzelnes Spermium direkt in eine befruchtungsfähige Eizelle injiziert.
.
Nun setzt sich der grosse schwerfällig wirkende Mann vor meine Vagina , in die er sanft ein Instrument schiebt ,dass die Scheide auseinanderdehnt. .
Dann beginnt er äusserst vorsichtig eine extrem lange Sonde , die vorne an einer Spritze befestigt ist , in meine Vagina zu schieben.
Er nickte mir nur freundlich zu, und vollführte die für ihn routinierte Handlung fast zärtlich vorsichtig aber bestimmt durch.
Aus den Lautsprechern tönt leise weiche klassische Musik. Die hellgrünen Wände, die mit bunten Mandelas behängt sind , wirken beruhigend. Mein Blick richtet sich gegen die Decke, wo er in ein farbiges Blumenmeer eintaucht, und ich mir einbilde, dass es einen beruhigenden Duft verströmt.
Schmetterlinge fliegen scheinbar von Blüte zu Blüte. Ich fühle mich wohl und geborgen. Am Kopfende sitzt mein Mann Lorenz und streichelt mir zart über den Kopf in dem er gleichzeitig vertraute Liebesworte ins Ohr flüstert.
Währendessen schiebt der Arzt die Sonde vorwärts, den Gebärmutterhals entlang, bis er , im Gebärmutterkörper, angelangt ist. . Er beobachtet den Vorgang über einen Bildschirm, und kann so die Sonde äusserst präzise in die richtige Position bringen.
Die Spritze ist gefüllt mit einer befruchteten Eizelle die sich im sogenannten 4 Zell-Stadium befindet. Das heisst, sie wurden am 2. Tag nach der künstlichen Befruchtung bei mir injziert. Künstlich befruchtete Liebe ist ein besonders tiefes Glück, ein so heiss ersehntes Glück. Dieses mal allerdings war die Zygote, so nennt man eine befruchtete Eizelle, zwischendurch ein paar Monate eingefroren. Die ersten 2 Versuche schlugen fehl, und es war noch eine befruchtete Eizelle von mir und meinem Mann übrig. Die wollten wir nicht einfach ihrem Schicksal , d.h. der Forschung überlassen.
Sie war uns zu kostbar, und wir glaubten fest daran, dass es bei diesem Versuch klappen würde, dass es diesmal die richtige Zygote ist , und sie sich in meiner feucht-schleimigen Höhle einnisten und zu einem Menschlein entwickeln würde.
Ich spürte den kurzen, weichen Stoss nicht, der aus der Spritze kam ,als der Arzt das kostbare Gut präzise in meinem Körper deponierte. „ So, das war es,
bleiben sie jetzt noch ungefähr eine Stunde liegen und träumen weiter,“ Mit diesen Worten verliess Herr Dr.Römer den Behandlungsraum und liess mich mit meinem Mann zurück. Lorenz und die freundliche Helferin legten mich behutsam in ein Bett um, das in einem Nebenraum bereitstand. Ich schwebte innerlich auf Wolke 7 und fühlte mich glückseelig.
Nun stellte ich mir vor, wie die befruchtete Eizelle sich ein gemütliches Plätzchen in meiner warmen und feuchten Gebärmutter sucht. Ich bildete mir ein zu spüren, wie sie sich an der Schleimhaut festklammerte, und einfach
beschloss, nicht mehr auszuziehen, für die nächsten 41 Wochen.
So, dass ist jetzt unser zu Hause, dachte sie. Noch ist diese Höhle klein und fein. Ungefähr 7 bis 10 cm lang, 4 bis 5 cm breit und ca. 2 cm. dick. Umhüllt von festen kräftigen Muskeln , die 41 Woche später , wenn sie sich bis zum Rippenbogen ausgedehnt haben werden , die Wehen einläuten sollten. Das Glockengeläut wird dann aber höchstwahrscheinlich vom stöhnen der Gebärenden, in diesem Fall von mir, übertönt.
Das Wunder geschah. Die Zygote fühlte sich wohl an ihrem Platz. Dieses mal hat wohl alles gepasst. Dieses mal sollte es sein, dass sich die befruchtete Zelle weiterentwickelt. Und tatsächlich, setzte an dem ausgerechneten Menstruationstermin keine Blutung ein.
Ich konnte das Glück kaum fassen. Ich spürte sofort, dass alles anders war. Mir war morgens übel. Die Brüste fingen an zu spannen, und manchmal wurde mir aus heiterem Himmel schwindelig. Der Schwangerschaftstest zeigte sich 3 Wochen nach der Implantation positiv.
Mein Mann und ich schwebten auf Wolke 7. Nun werden wir endlich Eltern. Sicher, die ersten 3 Jahre nach unserer Heirat wollte und sollte ich noch nicht schwanger werden. Wir wollten uns erst ein Existenzminimum schaffen. Auch sollte die Doktorarbeit meines Mannes erst fertig geschrieben sein, damit er sich dann auch mehr um das Baby kümmern konnte. Dass es dann, als wir alles daran setzten dass ich schwanger würde, nicht klappte, hat uns das erst in Staunen versetzt. Als nach weiteren 2 Jahren immer noch nichts geschah, haben wir endlich den Gang zu den Ärzten gewagt. Unsere beiden Familien waren so fruchtbar, darum glaubten wir lange überhaupt nicht an so eine Möglichkeit.
Bei den Untersuchungen stellte sich dann heraus, dass sich die Spermien meines Mannes zu langsam fortbewegten, und auch in der Anzahl sehr reduziert waren.
Seine Mutter erinnerte sich dann, dass Lorenz , mein Mann, in seinem 12. Lebensjahr an Mumps erkrankte, und dabei auch eine Hodenentzündung hatte.
Ich bin schwanger!! Von diesem bestätigten Tag an, drehte sich in meinen Gedanken alles nur noch um das heranwachsende Kindlein in meinem Bauch.
Plötzlich blieb ich vor jedem Kindergeschäft stehen und starrte wie gebannt in das Schaufenster. Kaum hatte ich das erste Ultraschallbild in den Händen, war das das wichtigste Foto in meinem Leben. Auch mein Mann wurde von meiner Begeisterung mitgerissen. Es gab nur noch ein Thema: UNSER KIND !
Wenn mir übel war sorgte sich Lukas rührend um mich. Überhaupt. Ich durfte nichts mehr tragen, auch keine gewöhnliche Einkaufstasche mehr. Er umschwirrte und hegte mich plötzlich wie ein Heiligtum. Erst genoss ich das sehr, aber manchmal ging es mir auch auf die Nerven. „ Ich bin doch keine Krücke deswegen , Schwangerschaft ist doch keine Krankheit, sondern ein für mich höchst erfreulicher, vorübergehender Zustand. “ sagte ich oft, aber Lukas beharrte auf seiner Einstellung, auf keinen Fall nur irgendwas zu riskieren. Diese Kindlein musste unbedingt weiter wachsen. Es ist die Erfüllung unseres Lebens, ja etwas einigartiges, einmaliges, unser Kind.
9 Monate braucht es um aus den Zellen Fleisch und Blut werden zu lassen die sich immer mehr zu einem menschlichen Wesen formen.
Im ersten Monat schon, bilden sich Herz, Leber Magen und Darm. Selbst Ansätze von Armen und Beinen zeigen sich schon in dieser Phase.
Von der 10. Woche an sah man auf dem Ultraschallbild schon das komplette kleine Menschlein. Unfassbar, unbegreiflich, wunderbar !
Meine Muttergefühle wuchsen täglich und alle Gedanken kreisten nur noch um das heranwachsende Kind in meinem Bauch.
Der kleine Unterschied, das Geschlecht, steht ja schon seit der Befruchtung fest. Besitzt der Samenzell-Träger ein X Chromoson, wird es ein Mädchen.
Bei einem Y Chromoson es ein Junge.
Ab der 16. Woche stimulierten Musikfrequenzen der abendlichen Hörstunde, die ich mir vor dem Schlafengehen immer gönnte, das heranwachsende Gehirn des Kindes.
Das Kindlein fühlte sich sichtlich wohl in der warmen feucht-wässrigen Höhle. Es ahnte wohl schon, dass es nie wieder so gut haben würde, wie die Zeit in der Mutter.
Die problemlose immer verfügbare Nahrungsaufnahme über die Nabelschnur, die gleichmässige, kuschelig feuchte Temperatur, und das leichte wiegen im Fruchtwasser.
Zusammengerollt und geborgen, am Daumen nuckelnd, wuchs es stetig .
Mein Bauch schwoll an, zuletzt brach es mir fast das Kreuz.
Seine Tritte, vorzugsweise abends, wenn ich mich zur Ruhe bettete, wurden immer kräftiger und schickten schon eine Vorausbotschaft, „ ich weiss was ich will „
Doch es fühlte sich so wohl, und dachte auch 1 Woche vor dem errechneten Geburtstermin nicht daran, seinen Kopf Richtung „ Ausgang „ zu legen.
ER ja, es wird ein Junge , wirkte faul und träge, mindestens tagsüber. Nachts rebellierte er umso mehr und liess mich kaum noch schlafen.
Ein friedlicher Rebell ? Na, wir lassen uns überraschen.
Da der Herr auch 10 Tage nach dem errechneten Geburtstermin nicht im geringsten daran dachte, sein gemütliches Nest zu verlassen, und er seine Lage auch nicht verändert hatte, entschloss mein behandelnder Arzt, den Sohnemann per Kaiserschnitt ans Licht der Welt zu holen. Kevin, so werden wir unseren Sohn nennen, hatte wohl keine Lust sich durch den engen Geburtskanal zu zwängen. Er nahm lieber, die auch für ihn angenehmere Methode eines Kaiserschnittes in Kauf. Da wurde er nicht strapaziert und hatte den Vorteil, völlig unzerknittert das Licht der Welt zu erblicken.
Kevin
So geschah es .
Kevin schrie laut gegen die Geburt an. Er wollte nicht ans Tageslicht. Er ahnte schon, dass es vorbei war mit der allzeit gleichmässigen kuschelig-feuchten Wärme. Doch als die Schwester mir das schleimige -blutverschmierte Bündel an die Brust legte, verwandelte sich der Urschrei in ein sanftes Lächeln. Ich war erfüllt von höchstem Glück, dieses Lächeln war so einzigartig. Es liess mich in sekundenschnelle all die Mühsal vergessen, die mir die letzten Schwangerschaftswochen bereiteten. Auch die starken Wehenschmerzen waren kein Thema mehr. All die körperlichen Beschwerden der letzten Wochen waren wie durch Zauberhand weggeblasen.
Von nun an war alles anders. Der Tag und die Nacht wurden von IHM bestimmt. Unsere Liebe gilt nur noch IHM . Kevin soll es an nichts fehlen. Unser Sinn des Lebens hat sich erfüllt, wir sind eine Familie.
Mein Mann pflanzte einen Kirschbaum, einen Frühblütler, er sollte die ersten Kirschen tragen, saftige dunkelrote Knaller. Die zarte Blühte ist genau um den Geburtstermin unseres Sohnes herum. Kevin soll sich jedes Jahr von neuem freuen, auf seinen Geburtstag und auf die Kirschen. In Wahrheit pflanzte Lorenz mit dem Kirschbaum einen Herzenswunsch von mir. Ich träumte seit meinem 4.Lebensjahr davon, in einem Kirschbaum mit vollen reifen Kirschen zu wohnen, einer Wundersorte, die das ganze Jahr über blühte und gleichzeitig reife Früchte trug. um wann immer ich wollte , Kirschen zu essen.
Das Bauernhaus in dem wir wohnten, lag in einer hügeligen weiten Landschaft ,und wurde rechzeitig zu seiner Geburt fertig renoviert. Wir waren 7 Jahre kinderlos, und hatten dafür genügend Zeit. Eigentlich , rückblickend gesehen, war es gut und richtig, dass sich erst beim 3. Versuch die lang ersehnte Schwangerschaft eingestellt hat. Kevin hat das wohl geahnt, dass sein neues Zuhause erst jetzt fertig war
Wir hatten nun ein Haus gebaut, einen Baum gepflanzt und ein Kind gezeugt. Was konnte da noch schief gehen ?
Die erste Woche seines Lebens war auch nicht einfach für den neuen Erdenbürger. Das Baby musste sich an die Reizüberflutung gewöhnen, an den Zustand dass sein Körperchen nicht mehr vollständig immer der gleichen wohligen Temperatur ausgesetzt war, auch die Gerüche waren für ihn neu und fremd.
Ab der 3. Woche heilte de Nabel ab, das für immer sichtbare Zeichen, der Verbundenheit mit der Mutter. Von da an durfte man Kevin baden, was er sichtlich genoss, fühlte er sich dabei sicherlich zurückversetzt in das feucht-warme Milieu, in dem er heranwuchs.
Nach einem Monat schrie ER immer mehr, sein Hunger war unendlich, und auf seinem Köpfchen machte sich ein erster , rötlicher Flaum bemerkbar.
Vom 2. Monat an hatten wir das Gefühl, dass Kevin zurücklächelt.
In dieser Zeit schnitten wir ihm auch das erste mal seine Finger und Fussnägel.
Unterdessen gurrte und brabbelte er und liess dabei jedes mal unsere Herzen höher schlagen. Er war das süsseste Baby auf der ganzen Welt. Kevin war einmalig, einzigartig, einfach unser ganz unbeschreiblich grosses Glück.
Im 3. Monat brauchte er schon weniger Schlaf, und am Hinterkopf bildete sich eine Glatze.
Im 4. Monat kamen die ersten Silben über seine Lippen „ ma , pa,. Wir hatten das Gefühl, dass nun die Umstellungsphase vom Mutterleib in das Aussenleben, abgeschlossen war. Nachts schlief unser Liebling jetzt meistens 8 Stunden durch, der Alltag nahm langsam wieder die früheren Züge an.
Ausser für unsere Liebe, da war ich abends immer noch viel zu erschöpft, und überhaupt, Zärtlichkeiten reichten mir. An Sex dachte ich nicht mehr im geringsten. Mein Mann liebte unser Kind auch abgöttisch, konnte aber nicht verstehen, dass ich kein Bedürfnis und Lust mehr hatte auf seinen Körper. Er tröstete sich mit dem Gedanken, dass es bald wieder so würde wie vor der Schwangerschaft. Da konnten wir nie genug voneinander kriegen, überall, zu jeder Zeit. Nun galt aber mir meine ganze Liebe nur noch Kevin, unserem absoluten Wunschkind, unserem Stolz, unserem unbeschreiblichen Glück.
Der Wonneproppen steckte nun, unterdessen war er 5 Monate alt, alles in den Mund. Er fing auch an mich von seinem Vater zu unterscheiden. Er erkannte meine und seine Stimme.
Ab dem 6. Monat bemühte er sich sich umzudrehen, was ihm auch bald vorzüglich gelang. Er sabberte ausserdem viel, und hatte glühend rote Bäckchen und kaute auf allem herum. Da entdeckten wir unten im Zahnfleisch sein erstes Zähnchen. Wir waren stolz wie Oscar, seine Entwicklung lief bisher ab wie im Bilderbuch. Gewundert haben wir uns nur immer mehr, dass unser Sohnemann rötliche Locken bekam. Uns war erstmal nicht bekannt, dass es in unseren Familien rothaarige Verwandtschaft gibt, aber das soll ja nichts heissen. Bekannte bestätigten uns, dass sich das und auch die Augenfarbe, noch ändern könne.
Im 7. Monat hatte der Kleine öfter mal , einfach so, aus heiterem Himmel, Wutanfälle. Ich erinnerte mich dann an die heftigen Fusstritte in meinem Bauch und dachte, ja, das ist mein Temperaments-Bolzen, so eine Intensität spürte ich schon in meinem Bauch. Ein energisches Aufbegehren. Jetzt also setzt er seine „ Tritte „ in Form von wütigem Geschrei um. . Seine Stimme war ja schon lange nicht mehr die eines neugeborenen Winzlings. Nein schon in den ersten Wochen wurde sie oft unerträglich schrill. Aber jetzt veränderte sich das „ Hab-Hunger-_Wimmern oder Langeweile – Heulen in einen grellen Wutschrei.
Ab dem 8. Monat versuchte ER sich auf dem Boden per Robbenbewegung „ fortzubewegen. , was IHM auch meisterlich gelang. Ja , kein Wunder, ER war ja auch unser Sohn. Andere junge Eltern fingen uns an zu beneiden, dass Kevin schon so viel konnte. Ja, wir waren ja so unsäglich stolz und glücklich.
Unser Liebesleben hatte sich zwar noch immer nicht normalisiert, aber dafür hatte ich einfach keine Gedanken mehr. Mein Mann scheute sich unterdessen das Thema immer wieder anzuschneiden. Sein zaghaften zärtlichen Versuche, blockte ich immer frühzeitig ab. Sex war für mich jetzt einfach nicht mehr so wichtig. Wir hatten doch unseren Sohn, das war wichtiger. Alles andere wird sich schon bald geben, da war ich mir sicher.
Vom 10. Monat an, fing unser Prachtjunge an zu sitzen. Er sass jetzt mit uns am Tisch, in einem speziellen Kinderstuhl, der“ mitwachsen „konnte. ER bevorzugte Fingerfood. Allerdings fing er an auf Gesichter, die er früher noch anlächelte, mit fremdeln zu reagieren. Nur Vater oder Mutter durften ihn jetzt auf den Arm nehmen.
Vom 11. Monat an erfand er seinen eigenen Wortschatz. Zeigte man IHM Fotos mit Gesichtern die er in natura schon kannte, reagierte Kevin zustimmend heiter.
Voller Stolz versuchte der kleine Mann mit 12 Monaten an unserer Hand die ersten Schritte. Die Worte Mama und Papa kamen auch schon über seine Lippen. Wir platzten bald voll stolz, war Kevin nicht einzigartig ??Natürlich war er das. Er war nicht nur grösser als seine Altergenossen, wir fanden auch ,dass Kevin hübscher, schlauer und charaktervoller sei. Er war einfach einzigartig. Unser Sohn.
Und das mit dem Sex zwischen meinem Mann und mir, das kommt schon wieder.
Die Haarfarbe unseres Sohnes hat sich nicht verändert, sein rotblonder Lockenschopf ist unübersehbar.
Wir akzeptierten das ohne wenn und aber, gab es sicherlich in unseren Familien mal ein „ Ausrutscher „ der halt nicht bekannt war. Noch nicht. Bei Gelegenheit wollten wir uns mal der Ahnenforschung widmen.
Doch dafür hatten wir beide jetzt noch keine Zeit. Ich war immer noch voll beschäftigt und erfüllt, mich dem heranwachsenden Sohn zu widmen. Unterdessen machten wir beim Babyschwimmen mit, wo Kevin natürlich der Beste und mutigste war. Ich war so stolz. Die meisten anderen Babys plärrten erstmal los, wenn sie ins Wasser getaucht wurden. Kevin begriff sofort, wie er seine Arme und Beine zum Paddeln einsetzen musste, um nicht unterzugehen.
Auch einer Spielgruppe schloss ich mich an, in der sich 6 bis 8 Mütter mit ihren 1 bis 2 jährigen Kindern 2 mal wöchentlich, in einem Raum, der die kath. Kirchgemeinde zur Verfügung stellte, trafen. Auch da war Kevin der Star und bei allen beliebt. Ausserdem konnte er alles immer etwas früher wie die anderen Kinder seines Alters. Laufen , sprechen und verschiedene Farben unterscheiden.
Kevin war 18 Monate alt, als er begann die ersten ganzen Sätze zu bilden. Seine Trotzanfälle häuften sich . Da ich aber durch Fach-Literatur genügend aufgeklärt war, wusste ich, dass diese Phase durchaus normal ist und zur Willensbildung gehört.
Ich las abends immer viel. Aber es interessierten mich nur noch Bücher über die Entwicklung und Erziehung unseres Kindes.
Mit dem Sex hat es unterdessen jetzt wieder mal geklappt. Ich war aber froh, als es vorbei war, und habe es ausschliesslich für meinen Mann getan. Dieser arbeitete allerdings, er war Abteilungsleiter bei einer Grossbank, oft 14 Stunden am Tag, und war abends auch müde . Seine Versuche, sich mir zärtlich zu nähern nahmen ab. Ich war froh, denn mein ganzes Glück und auch das Glück meines Mannes ist unser Sohn, er ist unsere grosse Erfüllung.
Sehr interessiert hörte Lorenz zu, wenn ich ihm von den fast täglichen Entwicklungen unseres kleinen Mannes erzählte. Voller Stolz berichtete ich auch, dass bei all unseren gemeinsamen Unternehmungen mit andern Müttern und deren Kindern, Kevin immer der beste war. Mein Mann schlug sich dann voller Stolz an die Brust und sagte nur“ ist ja auch mein Sohn „
Wir hatten nur noch, seit meiner Schwangerschaft, ein Thema : unser Kind :
Ich interessierte mich nicht mehr fürs Theater, Kino, Politik oder Sport. Meine frühere Figur war wieder auf dem Vorschwangerschafts-Bikini Stand, da habe ich schon aufgepasst. Das hat mir meine Mutter schon früh beigebracht. Ein paar Gymnastikübungen, mit denen man schon im Wochenbett anfangen sollte. Durch den Kaiserschnitt war ich allerdings gezwungen zu warten, bis die Naht gut verheilt war. Das ging aber überraschend schnell.
Ich hatte jetzt nicht mehr so viel Lust neue Klamotten zu kaufen. Wir wohnten ja auf dem Land, das konnte man gut leger rumlaufen. Jeans und Shirts waren angesagt. Festes Schuhwerk oder Gummistiefel. Ich kam mir bäuerlich gemütlich vor, und war zufrieden. Ausserdem mussten wir mit dem Geld sorgsam umgehen. Mein Mann verdiente zwar nicht schlecht. Die Hypothek auf das Haus, 2 Autos und Kevin hatten seinen Preis. Mir war es wichtiger, dass vor allem unser Kind immer das beste und neueste hatte. War dieser Sohn doch einfach einmalig, einzigartig, unersetzbar.
Mir war es nicht unangenehm, dass mein Mann jetzt öfter auch Seminare besuchte, bei denen er auswärts übernachten musste. Er kam dann stets gutgelaunt wieder, und kümmerte sich an den Wochenenden verantwortungsbewusst und liebevoll um unseren Sohn.
Meinerseits gab es immer viel zu berichten, über die neueste Entwicklung . Sein Sprachschatz verbesserte sich unaufhörlich. Öfter kamen jetzt auch mal andere Mütter zu uns auf den Bauernhof. Da wurde viel gelacht und erzählt . Die Kinder unterdessen fast alle 2 bis 3 Jahre alt spielten und tollten miteinander. Kevin war der King. Unser Stolz wuchs täglich. Alle beneideten meinen Mann und mich.
Wir waren die Vorzeigefamilie.
Es schien mir, dass das mit dem Sex nun auch für meinen Mann zur Nebensache wurde. Wir pflegten auf meinem Wunsch hin , nur noch Kuschelsex. Er gewöhnte sich daran, dass wir mehr oder weniger wie Bruder und Schwester zusammen lebten. Er war jetzt auch so zufrieden und bedrängte mich nicht mehr.
Mein Glück war vollkommen. Ich hatte ja IHN, unseren Sohn.
Kevins Wutanfälle häuften sich . Ob im Supermarkt, beim Frisör oder im Zoo. Plötzlich und völlig unkontrolliert warf er sich auf den Boden, stampfte und schrie. Erst versuchte ich recht ruhig zu bleiben. Alle fremden Blicke um mich herum berührten mich erst einmal nicht. Aber, wenn ich ihn schreien liess, durchbohrten mich diese Blicke, Rabenmutter tönte es aus den Augen. . Versuchte ich das trotzige Kind , meist vergeblich, zu beruhigen, redete eine andere Mutter auf mich ein und sagte „ das ist halt so in dem Alter, das wird schon wieder, dachte aber in Wirklichkeit : die hat ja nichts im Griff ! : Einmal rutschte mir die Hand aus, schwupps hatte Kevin auf dem Po einen Klaps. Da musste ich schon fast damit rechnen, von den umstehenden Gaffern angezeigt zu werden, wegen Kindesmisshandlung. Ich kam dann immer fix und fertig zu Hause an, sperrte Kevin erstmal in sein Zimmer und heulte los. Per SMS unterrichtete ich meinen Mann, der meistens nicht darauf reagierte. Ein kurzer tröstlicher Zuspruch hätte mir jetzt gut getan. Aber nichts kam zurück. Lukas, mein Mann, kam jetzt abends immer öfter spät nach Hause. Im ersten Jahr unserer Elternschaft stand er immer überpünktlich auf der Matte, und half wo er nur konnte. Damals war ich noch so stolz auf den Superpapa.
Als meine Eltern junge Eltern waren , war das noch einfacher. Da gab es noch eine klare Rollenverteilung. Die Frau war ab der Geburt des 1. Kindes für Kinder, Küche und Kirche zuständig. Der Mann schaffte das nötige Kleingeld ran. Das war so, und keiner hat sich an den Rollen gestört, die schon seit Generationen üblich waren. Eine Kopfnuss oder ein Klaps auf den Po galt durchaus als normale Erziehungsmasnahme. Keiner scherte sich darum.
Meine Mutter heiratete mit 21 Jahren ihre grosse Liebe, die sie schon mit 17 Jahren während eines Italienurlaubes kennen lernte. Sex war da zwar bis kurz vor der Hochzeit kein Thema. Nicht dass die beiden keine Lust darauf hatten, aber meine Mutter wollte so lange wie möglich Jungfrau bleiben. Das war Ehrensache, und mein Vater hat das lange akzeptiert. Dass meine Eltern nach 1 ½ Jahren Ehe ihr erstes Kind bekamen ,hat sich so ergeben. Natürlich freuten sie sich, Kinder gehörten einfach dazu, wenn man verheiratet war. Damals begann die eigentliche Vorfreude mit dem Moment, wo meine Mutter die ersten zaghaften Tritte gegen ihren Bauch spürte. Erst dachte sie , dass es Blähungen seien. Meine Grossmutter klärte sie dann aber auf, und sagte, dass man normalerweise vom ca. 4.1/2 Monat an durchaus Bewegungen des Kindes spüren könne. Das war ein aufregender Moment und sie achtete immer mehr darauf, diese noch sanften Tritte zu spüren. Selbst ihr Mann, also mein Vater, fand das unbeschreiblich interessant und legte oft seine Hand auf die von meiner Mutter beschriebenen Stelle des Bauches, wo das Wunder geschah. Ultraschall-Bilder waren noch unbekannt, und so blieb es auch bis zur Geburt spannend, ob es ein Junge oder ein Mädchen würde. Damals hatte man immer sowohl einen Jungen, als auch einen Mädchennamen in Gedanken ausgesucht. Das erstgeborene Kind sollte vorzugsweise ein Junge sein, der Stammhalter sozusagen. War es dann aber doch ein Mädchen, war die Freude auch gross. Hauptsache gesund, aber das konnte der Arzt oder die Hebamme erst am Tag der Geburt feststellen.
Nach 3 Kinder spätestens begann die Generation damals dann darüber nachzudenken, wie man weitere s Kinderkriegen verhindern könnte .Einige wagten es dann auch, die „ Pille „ zu schlucken, die in den 60er auf den Markt kam. Den meisten Frauen war sie aber anfangs noch nicht geheuer, hatte sie doch noch erhebliche Nebenwirkungen, denn sie war um ein vielfaches höher dosiert als heute. Andere Paare blieben beim coitus interroptus, was dann aber meistens doch mit einer neuen Schwangerschaft beantwortet wurde. Auf die Kondome war auch nicht immer verlass. Sie rutschten oft, oder waren defekt. Eine Spirale im Gebärmutterhals , als Verhütungsmittel war damals eine durchaus übliche Methode und wurde von vielen Frauen anstatt der Pilleneinnahme bevorzugt.
Im Prinzip aber war es völlig unwichtig, ob die materielle Grundlage dazu vorhanden war um einem Kind alles bieten zu können. Irgendwie ging es immer und so war es wohl auch. Ein drittes oder viertes Kind wird auch noch satt. Das war die landläufige Meinung.
Auch damals empfand man Kinder als ein Geschenk Gottes.
Sie wurden nur noch nicht in Watte gehüllt und Luxus gebettet.
Sie wuchsen unkompliziert, doch mit Regeln erzogen , oft aus dem Bauchgefühl der Mutter heraus , heran. Sie wollten einiges was sie bei den eigenen Eltern sehr störte schon besser oder anders machen, aber zur Hauptsache orientierten sich die Töchter und Söhne noch an den Erziehungsmethoden ihrer Eltern. Natürlich gab es Ausnahmen, aber der grosse Teil der Bevölkerung hielt sich daran.
Erfahrungen wurden weiter gegeben, und akzeptiert. Meine Eltern hörten noch dankbar auf die Ratschläge ihrer Eltern. Und dachten immer, die haben ja selbst schon viel Erfahrung, und werden es wissen. Wir aber heute , wir wollen ALLES anders machen. Ratschläge ? Aber nein, die brauchen wir nicht. Alles altmodischer, überholter Kram. Da hat sich so viel geändert, ihr Eltern habt da keine Ahnung mehr. Wir wollen unseren eigenen Stil und haben unsere eigenen Ansichten in die Tat umsetzen . Wir machen alles besser und vieles anders. Der Zeitgeist hat sich schneller geändert, als die ältere Generation wahrhaben will. . Und zwar flächendeckend mehr oder weniger so mindestens in den deutschsprachigen Ländern.
Heute ist ein Kind schon vor der Geburt eine eigenständige Persönlichkeit, dass man zu respektieren hat. Und spätestens von Geburt an, soll das Kind gefördert werden. Musste ich noch als Baby die ersten 6 Wochen behütet in der Wohnung bleiben, möglichst viel schlafen und ohne unnötigen Lärmpegel alleine in einem Zimmer verbringen, durfte Kevin schon am 2. Tag nach der Rückkehr aus dem Krankenhaus mit in die Fussgängerzone zum Einkaufen. Wir waren ja so stolz und konnten es kaum erwarten den Filius auszuführen und vorzuzeigen. ER schaute ja auch schon so keck in die Gegend, von viel schlafen war keine Rede.
Baby-Cosy , Wegwerf – Windeln- Fertig-Baby-Nahrung geschweige Marken-Kleidung etc. brauchte man zu Zeiten meiner Eltern nicht. Es genügte die ersten 6 bis 8 Monate eine Tragetasche. Die Stoffwindeln wurden gewaschen, und Wegwerfwindeln gab es zwar schon , sie wurden aber höchstens mal für eine Reise gekauft. Den Möhrenbrei hat man selbst gekocht, und Knochen ausgekocht für eine anständige Brühe. Kartoffel gestampft, Bananen zerdrückt, und ab und zu gab es ein Hörnchen vom Becker. Die Kinder assen Äpfel, wenn es hoch kam mal einen Butterkeks dazu. Gegessen wurde was auf den Tisch kam. Sobald die Breiphase vorbei war, bekamen die Kinder das gleiche zu essen wie die Erwachsenen. Alles wurde kleingeschnitten oder zerdrückt, und so gewöhnten sie sich schon früh an verschiedene Geschmacksrichtungen.
Das arme Kind wurde ab dem Zeitpunkt wo es sitzen konnte auch ungeniert in einen Laufstall gesteckt. Das war dann lange seine Welt. Die Mutter konnte in der Zeit ungestört ihrer Hausarbeit nach gehen, das Kind war ja sicher aufgehoben.
So was kommt heute überhaupt nicht mehr in Frage. Die armen Kinder. Die könnten sich doch nicht richtig entwickeln. Die waren ja früher wie in einem Gefängnis eingesperrt. Eigentlich verwunderlich, dass früher aus den meisten doch was geworden ist.
Aber eben ich will alles anders machen, nicht nur ich, fast alle Frauen meiner Generation. Bauchgefühl ? Was ist das. Es steht doch alles in den Büchern. Da kann man sich sachkundig machen. Da steht immer ganz genau, wie was bedeutet. Wie man mit dem Kind umzugehen hat. Was es essen darf und was nicht. Wie es sich in jeder Lebensphase verhalten soll. Wie die Entwicklung stattfindet. Dass wir zu den glücklichen gehören, wo bis jetzt alles genau so verläuft, wie in Fachbüchern beschrieben, weiss ich allerdings zu schätzen. Gibt es doch genügend beispiele in der Spielgruppe, wo ein Kind sich anders verhält .Man glaubt es kaum. Da gibt’s Babys die mit 8 Monaten noch keine Zähne haben. Einige sitzen mit 9 Monaten noch nicht und , das ist ungeheuerlich, es gibt schon ein fast 2 jähriges Mädchen, was KEINE WNDELN mehr braucht. Was muss dieses Kind für eine Rabenmutter haben, die es zwingt aufs Töpfchen zu gehen. Es ist heute doch völlig normal, dass Kinder bis zum 3. Lebensjahr, oder darüber hinaus, Windeln tragen. Es gibt ja nicht umsonst Windeln für jede Körpergrösse und bis XXX Kilo Gewicht.
Auch mit dem Geschmack beim essen hat sich einiges geändert. Kinder bevorzugen heute Nudeln und Pfannkuchen. Schluss aus. Bei Mc Donalds gibt’s dann schon mal Pommes mit Mayo oder Ketchup.In einen Apfel beissen sie immer noch gerne, aber bitte geschält, und in handliche Schnitze geschnitten. Aber wehe, wenn es eine braune Stelle gibt, dann wird der ganze Schnitz abgelehnt .Mini-Bifis und Baby Bell, Schokoladenriegel Gummibärchen und Marschmellows, Kinderschokolade, Kartoffelchips und Salzstangen. So sehen heute die Zwischenmahlzeiten vieler Kinder aus. Ich gebe zu, da halte ich mich doch noch meistens an die altmodische Sitte meiner Eltern. Obst und Gemüse gehören bei uns regelmässig auf den Speiseplan.
Nun ist unterdessen aus unserem Wonneproppen ein Kind im Kindergartenalter geworden. Kevin wird ab nächstem Herbst den Montessorri Kindergarten besuchen. Wir hatten Glück, dass es auf Anhieb geklappt hat. Doch wir waren weitsichtig und meldeten ihn schon vor über 2 Jahren an. Kevin ist immer noch viel grösser als seine Altersgenossen, seinen roten Wuschelkopf hat sich definitiv verfestigt. Seine leuchtenden grünen Augen und seine helle , empfindliche Haut sind sein Markenzeichen geworden. Er ist ein zugängliches, aufgewecktes Bürschchen, aber gleichzeitig auch sehr temperamentvoll und selbstbewusst. Er kriecht jeder Schnecke nach und studiert ihren schleimigen Weg. Jede Ameise begeistert ihn. Einerseits.
Andererseits fängt er sich gerne, völlig unbegründet mit Spielkameraden an zu schlagen und zu raufen. Er geht immer als Sieger hervor. Da bin ich ehrlich gesagt, natürlich heimlich stolz darauf. Aber so langsam werden die Klagen der anderen Eltern unüberhörbar. Erst vor kurzem zeriss Kevin beim raufen einen teuren Markenpullover eines Mitschülers . Das kostet uns jetzt 250 Euro.
Ob all den Freuden und Sorgen um IHN habe ich leicht übersehen, dass mein Mann immer öfter spät nach Hause kommt. Er ist zwar immer noch interessiert an der Entwicklung unseres Sohnes, und stolz auf IHN. Das mit dem raufen gehört dazu, und die 250.Euro, was soll es. Wir haben es ja, ist sein Kommentar.
Mit dem Geld hättest du allerdings auch mal wieder zum Frisör gehen können, das war alles was er dazu sagt. Seine Bemerkung ob ich nicht mal was Schickeres anziehen wollte, lasse ich abblitzen, mit dem Argument „ wir leben auf dem Lande und auch noch auf einem Bauernhof , einem superrenovierten zwar, denn alles wurde technisch und optisch auf den neuesten Stand gebracht. Ein sozusagen Schicki –Micki – Bauernhof. Wir können uns unterdessen auch eine Putzfrau leisten und ein Rentner hilft mir bei der Gartenarbeit.
Es drehte sich immer alles nur um Kevin , unserem absoluten Wunschkind. Sobald er richtig gehen konnte, kauften wir ihm das erste Fahrrad , ein Dreirad. Der Helm war farblich perfekt auf die Farbe des Rades abgestimmt. Unterdessen besitzt er natürlich ein schickes , sportliches Fahrrad, wiederum mit passendem Helm, auch kann er einen Roller, einen Traktor und einen Bagger, alles von bester Qualität, sein eigen nennen.
Aus der Spielgruppe und dem Baby-Schwimmen sind schon längst ein Judo – und ein Englisch Sprachkurs für Vorschul- Kinder geworden. Ersteres macht er mit Begeisterung, Englisch findet er noch uncool. . Vielleicht versuche ich es bald mit Chinesisch. Da gibt es in der nächst grösseren Stadt jetzt auch ein Angebot. Und reiten soll er auch lernen. Wozu leben wir den auf einem Bauernhof. Eigene Pferde können wir uns unterdessen ja leisten. Musikalisch ist der Kerl auch, kein Wunder, hat er doch schon in meinem Bauch klassische Musik gehört. Er möchte unbedingt Schlagzeug spielen. Mal sehen, wir haben ja noch eine Scheune, die könnte man umbauen, dann hätte Kevin einen geeigneten Übungsraum.
So kreisen meine Gedanken weiterhin um IHN. Es soll ja was aus IHM werden. Er soll es besser haben. Wir seine Eltern können IHM ja auch alles bieten.
Dabei ertappe ich mich allerdings immer öfter bei dem Gedanken, dass Kevin, unser Junge, so wenig Ähnlichkeit mit meinem Mann oder mir hat. Auch meinem Mann fiel das zunehmend auf, und so wollten wir uns jetzt mal ernsthaft mit der Ahnenforschung auseinandersetzen. Einen „ Ausreisser „ kam da nicht selten vor. Das schwarze Schaf sozusagen, dass es in fast jeder Familie gibt. Mal in der Form des Aussehens mal in seinen, für die Familie aussergewöhnlichen Charaktereigenschaften.
Ruth und Tobias
Mit Jakob
Unterdessen nehme ich mir jetzt auch immer öfter mal die Muse im Liegestuhl zu liegen, mitten in unserem rustikal , üppig blühenden Bauerngarten ,der von einem Staketenzaun eingerahmt ist. Ich schaue dann in ein Blütenmeer, ähnlich wie bei der Befruchtung im Behandlungszimmer des Arztes, nur das dieses Blütenmeer und der Duft in freier Natur echt sind. Ich atme den Duft von Thymian, Rosmarin, Basilikum , Estragon und vielen anderen Kräutern ein, die in einer Kräuterspirale angeordnet sind . Meine Sinne vermischen sich mit den roten, weissen , blauen und gelben Farben der Bauernhortensien ,Stockrosen ,Kugeldiesteln ,Margeriten und anderen bunten Sommerblumen. Mein Blick schweift zum Himmel und sucht Wolkenbilder. Da das sieht aus wie ein Delfin, und dort das könnte eine Ente sein. Ich sehe , wie der Delfin auf die Ente zu schwimmt um sie einfangen möchte er will mit ihr spielen. Sie aber reagiert neckisch , in dem sie sich blitzschnell verformt und sich einfach lautlos mit dem Blau des Himmels vermischt. Traurig verwandelt daraufhin auch der Delfin seine Form und versteckt sich unter anderen Wolken. So formen und verändern sich oft in sekundenschnelle die Wolkentiere , es sind vor allem Meerestiere, die ich sehe. .Der blaue Himmel ist das Meer, und für die Wolkentiere ein unendlich grosses Planschbecken.
Doch dann wandern meine Gedanken zu Ruth und ihrem Kind, dass fast gleich alt wie Kevin sein müsste. Ich lernte Ruth im Wartezimmer des Frauenarztes kennen. Sie war eine selbständige Geschäftsfrau, Kioskbetreiberin in der 2. Generation. In ihrem Kiosk konnte man ausser allen Zeitschriften und Klatschblättern auch sogenannte last minute Artikel , kaufen. Zucker, Windeln, Brötchen, Öl, Eier, Butter, Reis und Nudeln. Natürlich gab es auch Tabakwaren und Lotto konnte man auch spielen. Eigentlich war es eher ein Minishop als ein Kiosk. Sie erzählte, dass der Laden die Lizenz hatte von morgens 6.00 bis abends 22.00 geöffnet zu haben. Das hiess für sie und ihren Mann Dauerarbeitseinsatz im Wechsel. Auf eine 400 Euro Hilfskraft waren sie aber angewiesen. War diese mal verhindert, halfen ihre immer noch rüstigen Eltern, von denen Ruth den Kiosk ja übernahm.
Ruth war eine kleine, stämmige, dunkelhaarige Frau. Sie hatte alles im Griff und war ein ausgesprochenes Organisationstalent . Ihre warme – melodische Stimme blieb mir sofort im Kopf hängen und ist mir bis heute in äusserst angenehmer Erinnerung.
Auch sie sehnte sich, trotz der vielen Arbeit nach einem Kind.
Ihr Mann, 2 Kopf grösser und dünn wie eine Bohnenstange , eher lethargisch, und mit dem typisch männliche Tunnelblick mehr als ausgestattet , musste immer wieder angemahnt werden gewisse Arbeiten zu verrichten .“ Ja, ja, erledige ich gleich, „war immer seine Antwort. Doch zwischen seinen Äusserungen und der Tat vergingen oft Tage. Das wiederum brachte Ruth dann zu kleineren Wutanfällen. Dann kletterte ihre normalerweise so angenehme Stimme eine Oktave höher, und schwappte mit unterschiedlichen Schwingungen in ein Meer von äusserst präzisen Sätzen im Befehlston über.
Dieser ungewohnte und unangenehme Tonfall versetzte Tobias in ein ungläubiges Staunen, aber dann verrichtete er in Windeseile die vor Tagen schon angemahnte Arbeit.
Trotz dieser gelegentlichen Ausrutscher von Ruth`s Stimme, fand auch Tobias es an der Zeit, eine Familie zu gründen. Es hat sich rauskristallisiert, dass sie sich immer nach den Wutausbrüchen von Ruth besonders innig liebten, nicht nur im Bett. Das liebte er besonders. Abends, wenn keine Kundschaft mehr da war, und sie beide nochmals durch das Cafe oder den Kiosk gingen, um aufzuräumen. Dann war immer alles wieder gut .So entwickelte Tobias im Laufe der Ehejahre ein klares Konzept.
Da in den letzten Wochen und Monaten Tobias Ruth`s Stimme immer öfter Anlass gab sich in einer höheren Oktave zu artikulieren, und sie sich hinterher in wilden Versöhnungs-Liebesspiele wieder versöhnten, verstand Tobias die Welt nicht mehr. Eigentlich müsste Ruth schon lange schwanger sein. Dieser Gedanke ging auch Tobias immer öfter durch den Kopf.
Er schüttelte immer wieder seine blonde , strähnige Haarmähne und sagte, ich versteh das nicht, ich kapier das nicht. Wir machen doch alles richtig und oft genug.
So kam es dass ich und Ruth uns zufällig im Wartezimmer des gleichen Frauenarztes begegneten. Ihm eilte der Ruf voraus, dass die „ Erfolgsquote „ überdurchschnittlich hoch sei. Sein Charisma war einzigartig, und offensichtlich fühlten sich alle Frauen wohl, in dem gemütlichen, entspannten Ambiente .Seine Beratungsstunden gestaltete er sehr persönlich und er vermittelte jeder Frau den Eindruck, dass er sich nur um sie kümmere. Er zeigte grosses Verständnis für den unerfüllten Kinderwunsch, und war ebenso der Ansicht, dass das Muttersein die grosse Erfüllung, ja die Bestimmung jeder Frau sei.
Das letzte was ich von Ruth hörte, war, dass sie auch schwanger wurde. Im Gegensatz zu mir hat es bei ihr aber schon beim ersten Versuch geklappt. Sie lebt ca. 40 km von unserem Ort entfernt, in einer mittelgrossen , schwäbischen Kleinstadt mit ca. 30.000 Einwohnern.. Da sie schon 6 Wochen nach der Geburt auch wieder arbeiten wollte und musste, hatte sie keine Zeit mit „ nur Mütter und Hausfrauen „ in Kontakt zu bleiben.
Ich werde einfach mal zu ihr in ihren Minishop fahren , entweder treffe ich sie dort an, mindestens aber kann mir dann jemand Auskunft geben wie es ihr und ihrem Kind geht. Ich weiss ja nicht mal ob sie einen Jungen oder ein Mädchen bekommen hat. Es müsste ja fast gleichaltrig mit unserem Sohnemann sein.
Vielleicht könnten wir dann den Kiosk-Junior zum nächsten Kindergeburtstag mit einladen.
Sonja
Derweil plagt sich Sonja mit Gewissenbissen herum. Sie hatte in letzter Zeit ein paar Kilos zugenommen, obwohl sie immer öfter schlaflose Nächte hatte und sich täglich Vorwürfe machte. Sie kann ihren Mut überhaupt nicht mehr verstehen, den sie vor gut 6 Jahren hatte, als sie sich, damals arbeitslos und von niedriger Sozialhilfe lebend, entschied, sich als Leihmutter zu Verfügung zu stellen. Sie hatte ja schon 4 eigene Kinder, die aus dem gröbsten waren. In dem Land wo sie wohnt, ist sich als Leihmutter zur Verfügung zu stellen, eine legale Angelegenheit, und man gehört zu den Glücklichen, wenn man dazu auserwählt wird. Man kann ja nicht sagen, als Leihmutter zu arbeiten. Man trägt ein Kind, dass andere Eltern sich wünschen, für sie aus .Bei der „ Auftragsmutter „ spielen gesundheitliche Gründe meistens eine Rolle, oder , was nicht selten vorkommt, wollen jene auf keinen Fall ihre Figur ruinieren. Sie wollen keine Stillbrüste, die sich ,wenn die Milchproduktion aufhört, oft zu Hängebrüste mutieren. Sie haben Angst davor, dass sich ihr Bauch mit Schwangerschaftsstreifen schmückt, und / oder ein schlaffer Bauch zurückbleibt, , der jeder noch so raffinierten Gymnastik standhält. . Auch stünde man dann ja nicht mehr jederzeit als Sexobjekt zu Verfügung. Und überhaupt, die Geburt, die ja bekanntlich mit grossen Schmerzen verbunden ist, all das kann man sich ersparen. Mit Geld , und zwar nicht zu knapp, geht alles heutzutage, Gott sei Dank.
.In diesem Fall kamen 2 Homosexuelle auf Sonja zu. Sie waren sehr angetan von ihrer mütterlichen und warmen Ausstrahlung. Und obwohl sie mit jedem Cent rechnen musste, wirkte sie gepflegt und ihre dunkelblonden , kurzen Haare waren stets keck frisiert. Die 2 Herren wirkten äusserst symphatisch. Einer war von kleinerer Statur, er hatte schon einen beträchtlichen Bauchansatz, und seine Schläfen schimmerten interessant silberweiss. Die übrige Haarpracht leuchtete in einem wahrscheinlich getönten Braunton. Sein Partner überragte ihn um mindestens 20 centimeter, wirkte jugendlich frisch und kam sehr schlacksig daher .Seine dunklen Haare waren derart mit Gel zugepappt, dass man nicht sicher war, ob er nicht eventuell eine Perücke trug. Aber beide hatten einen sehr positiven Gesichtsausdruck und waren offensichtlich schwer verliebt. Sie outeten sich als Ehepaar, dass schon seit 3 Jahren verheiratet ist , und die Krönung ihrer Liebe sollte nun auch ein eigenes Kind sein . Sie wollten eine normale Familie sein. So ,wie viele Heteros. Ein anonymer Samenspender sollte den Samen spenden. Sie lernten sich vor vielen Jahren während einer Chemotherapie in einem Krankenhaus kennen. Sie teilten das gleiche Schicksal, und besiegten fast gleichzeitig einen Hodenkrebs. Sie sind sicher, dass ihre Liebe zueinander sie gerettet hat. Den Preis, nicht mehr zeugungsfähig zu sein, ja überhaupt keinen Samenerguss mehr zu haben, bezahlten sie wohl oder übel gerne. Dafür lebten sie und sie fanden Wege auch ohne Erguss ein erfülltes Liebesleben zu haben. ,Die Leihmutter ihrerseits spendete ein Ei, nachdem sie sich einer mehrwöchigen Hormonbehandlung unterzogen hatte. Die beiden Wunschväter konnten in einem Katalog den gewünschten Spender aussuchen. Er wurde beschrieben, ohne Foto, aber Grösse, Gewicht, Charaktereigenschaften, Haarfarbe, Augenfarbe und was er beruflich macht wurden genaustens angegeben. Sie haben sich für einen 22 jährigen Studenten entschieden, der Europäer war, und zwei Auslandsemester hier studierte. So kann kein Fehler passieren, dachten sie, studierende sind intellektuell geprägt, und das fanden sie gut .Ihr Sohn, auch das Geschlecht konnten sie wünschen , sollte auch mal die universitäre Laufbahn einschlagen. Ein Künstler in der Familie reicht. Antonio , der kleinere der beiden mit dem Bauch und den Silberschläfen war Bildhauer. Nur, es war eine brotlose Kunst, jedenfalls bisher. Fabian verdiente als Architekt die Brötchen. Er hatte immer wieder erfolgversprechende Aufträge. Neulich sogar einen Grossauftrag, der ihnen 3 bis 4Jahre ein geregeltes Einkommen sichern sollte. Die Zukunft sah also rosig aus.
Wozu gab es seit 20 Jahren die Methode, Frauen künstlich zu befruchten. Das war ihre Chance. Geld hatten die beiden im Moment genug. . So schalteten sie ein Inserat und suchten eine geeignete „ Leihmutter „.
Als Sonja das Inserat las, dachte sie, das wäre ein relativ einfacher Weg, auf einen Schlag an viel Geld zu kommen. 50.000 , so viel Geld auf einen Haufen, das wärs. Da hätte ich auf einen Schlag keine Sorgen mehr . So nahm sie die Freuden und Leiden einer weiteren Schwangerschaft gerne auf sich, als sie nach relativ kurzer Zeit erfuhr, dass die beiden Herren sie auserkoren hatten, ihren Körper zu benutzen , um ihr Wunschkind auszutragen. Sonja war ja eine sehr erfahrene Mutter, seit vielen Jahren Witwe, aber trotzdem immer fröhlich und unkompliziert. Ihre eigene schon fast erwachsene Kinderschar, hatte sie immer noch gut im Griff. Die Herren waren jedenfalls sehr beeindruckt von ihrer positiven Lebenseinstellung, und wie sie ihr Leben, das weiss Gott nicht immer einfach war, meisterte.
Mit dem Geld , dass Sonja für das Austragen des Kindes für die beiden Herren bekam, konnte sie ihren eigenen Sprösslingen endlich auch ein bisschen von dem, für viele andere Kinder so selbstverständlichen Wohlstandskuchen, bieten. Reitunterricht für den einen, Tanzkurse und für die anderen. Die 2 Grössten konnte auch den heissersehnten Führerschein machen. Es reichte sogar zu einem gebrauchten , aber trotzdem ansehnlichen Kleinwagen.
So gebar sie, nach einer unkomplizierten Schwangerschaft, in der sie in dauerndem Kontakt mit den werdenden Vätern war, nach 9 Monaten ein gesunden Jungen. Das ist alles was sie erfahren hat, nachdem sie aus der Vollnarkose erwacht ist. Sie brachte das Kind durch einen Kaiserschnitt auf die Welt.
Spätestens nach den ersten gefühlten Tritten gegen ihren Bauch, hatte sie ein inniges Verhältnis zu dem heranwachsenden Kind entwickelt. Doch hat sie sich immer wieder gesagt, dass das Kindlein nur so lange ihres ist, so lange es in ihrem Bauch wohnt. Ich lass Dich bei mir auswachsen und gebe die solange Nahrung durch die Nabelschnur. Aber dann, von dem Moment an , wo du das Licht dieser Aussenwelt erblickst , gehörst du nicht mehr mir. Es war ihr bewusst, dass dieses Kind nur während der Schwangerschaft gehörte. Sie hat sich , nur des Geldes wegen darauf eingelassen, wollte selbst auf keinen Fall mehr auch eigenen Kinder. Jetzt aber fühlte sie wieder wie bei all ihren vorhergehenden Schwangerschaften Muttergefühle aufkeimen, sie freute sich und genoss die Zeit, wo das Bestell-Kind in ihrem Bauch heranwuchs.
Das Kindlein selbst fühlte sich in ihr äusserst wohl. Es wuchs und gedeihte, fühlte sich wohl beim sanften Schaukeln im Fruchtwasser. Es liebte die kuschelig-feuchte Wärme der weichen dunklen Höhle, und genoss vor allem, dass es zu jeder Zeit über die Nabelschnur mit Nahrung versorgt wurde. Ich lebe im Paradies, dachte es oft. Ich möchte hier nie raus. Wer weiss, wie es in der unbekannten Aussenwelt zu und her geht. Ob es überhaupt ein Leben nach der Geburt gibt? Es war sich nicht sicher. Es spürte , dass es eines Tages diesen kuschligen Ort verlassen müsste, hoffte aber, obwohl der Platz immer enger wurde, dass dieser Tag noch in weiter ferne liegen würde. Es verdrängte diesen Gedanken immer wieder und genoss den Moment. Auch war es ihm völlig unklar, wie es diese feuchte Höhle verlassen müsste. Es sah keinen Ausgang, keine Öffnung .Einzig drangen ab und zu feine Stimmen und Schallwellen von beruhigender Musik , die durch die Höhlenwand drangen an seine aufmerksamen Ohren. Diese Stimme und auch die Musik schien ihm schon sehr vertraut. Das alles wirkte sehr beruhigend und wärmend auf das kleine Wesen und es beantwortete es mit einem freudigen zappeln und lutschte genüsslich zusammengerollt am rechten Daumen.
Wenn ich das Kindlein nach dem Kaiserschnitt erst gar nicht zu Gesicht bekomme, dann wird der Schmerz über den Verlust, nicht allzu gross sein. Das redete sich Sonja immer wieder ein. Und so hat man es ihr in der Klinik auch erzählt. Und so wollte sie es auch empfinden.
Doch der Schmerz über den Verlust des Kindes war viel grösser, als sie geahnt hat . Sie war in den 9 Monaten aufs innigste mit dem Baby verbunden. Sie hat auch die Fotos der verschiedenen Ultraschalluntersuchungen nicht zu Gesicht bekommen. Trotzdem, sie hat das Kind gespürt, hat für es gesungen und sich ganz gesund ernährt weder geraucht und keinen Alkohol getrunken . Das war auch die Voraussetzung, dass sie Leihmutter für diese Herren werden durfte.
Nun waren einige Jahre ins Land gezogen und ihre eigenen 4 Kinder wohnten nicht mehr mit ihr unter einem Dach. Die älteste Tochter hat sie schon zur Grossmutter gemacht. Aber alle wohnten weit weg, und die Familientreffen wurden immer spärlicher. Jeder war zu sehr mit sich selbst beschäftigt. Sie hatten eigentlich nur noch über e-mail Kontakt. Der Jugend genügte das , ihr nicht. Sie vermisste die abendlichen Spielrunden, das Geschichte erzählen und die Ausflüge die sie mit ihren Kindern zusammen oft machten. Kurz- sie hatte keine richtige Aufgabe mehr, sie wurde nicht mehr gebraucht. Dazu kam die unerwartet grosse Sehnsucht nach diesem Kind dass sie gegen Bezahlung ausgetragen hatte. Sie wollte es wenigstens einmal sehen, vielleicht sogar kurz berühren. Sie meinte immer noch ab und zu Tritte und Bewegungen zu spüren, die sie durch dieses Kind erfahren hatte. Es war ihr unbegreiflich. Bei keinem ihrer leiblichen Kinder spürte sie eine solche Sehnsucht nach der Geburt dass das Kind in den Bauch zurückkriechen möge ,sich wieder einbetten sollte in ihre warme feuchte Höhle. Wie gerne würde sie dieses Kind noch weiter tragen, in ihr, unendlich, ihr Bauch dürfte ein Leben lang so dick und beschwerlich bleiben. Wenn es nur zurückkäme, zu ihr, in ihr Inneres.
Wortlos hat man sie nach dem Kaiserschnitt, den sie in Vollnarkose verbrachte, in das Krankenzimmer zurückgeschoben. Sie durfte noch 4 Tage im Krankenhaus bleiben. Aber weder eine Schwester noch der behandelnde Arzt sprachen nur ein Wort mit ihr über die Geburt. Sie wurde fast wie eine Aussätzige behandelt. Sie kam sich plötzlich nutzlos und ausgebeutet vor.
Man hat ihr in Vollnarkose die Bauchdecke aufgeschnitten , dass Kind was sich 9 Monate in ihr entwickelte und wuchs einfach rausgeholt. Sie hat es nie gesehen, nur erfahren dass es gesund und ein Junge war.
Nun träumte sie stundenlang davon und stellte sich dieses Kind vor. Ob es Ähnlichkeit hat mit einem seiner Geschwister ? Ist es lebhaft oder eher ruhiger Natur ? Sie bildete sich ein , dass das Kind noch in ihr sei,
streichelte zärtlich über ihren immer noch recht üppigen Bauch und bildete sich ein Bewegungen zu spüren, ja sie spürte sie. Das waren ganz grosse Glücksmomente in ihrem unterdessen so ereignislosen Leben.
Die ersten Wochen nach der Geburt meldeten sich die 2 Väter schon mal ab und zu telefonisch , haben sie sogar um Rat gefragt Sie haben ihr bestätigt , dass sie einen gesunden Jungen ausgetragen hat, was sie sehr glücklich machte. Dann aber hörte der Kontakt abrupt auf. Nun weiss sie nichts mehr. So sollte es auch sein, so stand es in dem Vertrag den sie in ihrer Geldnot unterschrieben hatte.
Aber jetzt, jetzt sah alles anders aus. Ihr Inneres war aufgewühlt, ihr Herz begann unregelmässig zu schlagen, ihr Blutdruck stieg höher und höher. Die Medikamente die sie einnehmen musste, bekämpften ja nur die Symptome, nicht aber die Ursache. Die Ursache, das wusste sie genau, war die Sehnsucht nach dem Kind das sie ausgetragen und geboren hatte, das sie aber nie sehen , geschweige den berühren durfte. Der Schmerz wuchs ins unermessliche.
Ihre Urgrosseltern stammten aus Deutschland, dem Schwabenland. Sie wollte schon immer deren Heimat kennen lernen. Sagte man Sonja doch nach, dass sie viel schwäbisches Blut in sich hätte. Sie war fleissig, sparsam und penibel sauber. Doch schon ihr Vater heiratete eine Eingeborene im Ausland, und somit vermischte sich das schwäbische Blut immer mehr.
Nach langem recherchieren fand sie ein paar Adressen heraus, alles Leute mit dem Namen ihres Urgrossvaters. 2 davon wohnten immer noch in der schwäbischen Kleinstadt, aus der auch ihre Urgrosseltern ausgewandert waren. Es stellte sich heraus, dass es sich um Verwandte ihrer Urgrosseltern handelte, und so entschloss Sonja kurzerhand, eine längere Reise nach Europa zu unternehmen. Aber vor allem um die Heimat ihrer Urgrosseltern kennen zu lernen.
Nach regem e-mail Verkehr und durch Skype – Bild-Telefonate auch auf das Aussehen des anderen vorbereitet ,wobei man übrigens eine gewisse Ähnlichkeit des Types untereinander festgestellt hat, machte sie sich auf die Reise zu ihren entfernten Verwandten. Es war ein freudiges, aber trotzdem komisches Gefühl. An einem herrlichen Frühlingstag flog Sonja ihrer ungewissen Zukunft entgegen und landete pünktlich am Stuttgarter Flughafen, wo sie schon mit grosser Neugier und Herzlichkeit von ihren Verwandtschaft erwartet wurde.
Antonio und Fabian
Mit Sascha
Es war reiner Zufall, das die beiden Homosexuellen Väter ,Antonio und Fabian , letzterer war unterdessen besonders in Europa ein erfolgreicher und bekannter Architekt , schon vor 2Jahren ,in der gleichen schwäbischen Kleinstadt sesshaft wurden, in der entfernte Verwandte von den Urgrosseltern von Sonja immer noch sesshaft waren.
Antonio und Fabian nannten ihren Sohn Sascha. Er besuchte einen privaten Kindergarten. Sascha war ein aufgeweckter , temperamentvoller Junge. Seine Väter waren sehr stolz auf ihn, und machten alles, damit es ihm an nichts fehlte .Obwohl erst 5 Jahre alt, wirkte er doch schon sehr reif. Er war grösser als seine gleichaltrigen Kameraden und äusserst kampfeslustig. Im Gegenzug konnte er aber wieder sehr charmant und liebenswert sein. Er sprach fliessend englisch und auch schon gut deutsch. Ohne schwäbischen Akzent, darauf legten seine Väter wert. In dem privaten Kindergarten den er besuchte war sowieso Hochdeutsch die Umgangssprache, da die meisten Kinder aus wohlhabenden Elterhäusern stammten. Sascha wirkte manchmal schon ein wenig altklug in seiner Ausdrucksweise. Sei es verbal oder in seiner Gestik und Mimik. Seine rotblonden Locken umrahmten ein äusserst freundlich wirkendes , mit Sommersprossen übersätes Kindergesicht. Seine grüne Augen steckten voller Neugier. Er war nicht nur was das Essen, nein auch was seinen Willen anbelangt ein ewiger Nimmersatt. Beide Väter übten sich aber immer oder meistens in viel Geduld und gaben sich immer Mühe auf all seine Fragen auch eine gute Antwort zu finden. Der Kinder Garten wurde im Sinne der Montessori -Pädagogik geführt. Maria Montessori war die erste promovierte Ärztin Italiens. Sie gründete 1907 das erste Kinderhaus in einem Armenviertel von Rom , und betreute dort vor allem sozial benachteiligte Kinder. Es sprach sich schnell herum wie viel Erfolg ihre Methode hatte. Sie zwang die Kinder zu nichts. Es basierte alles auf freiwilliger Basis. Es gab weder Lob noch Tadel. Heute würde man sagen : learning by doing .Der Erfolg gab ihr Recht. Heute sieht das aber insofern anders aus, als dass eher die finanziell bessergestellten Schichten ihre Kinder auf diese Schulen schicken. Da sie fast ausschliesslich auf private Initiativen entstanden sind, ist der monatliche Beitrag recht hoch.
Antonio, der jetzt nur noch als Hausmann tätig war, hat Sascha oft beauftragt, auf dem Heimweg vom Kindergarten, noch am Kiosk eine Zeitschrift, ein Brot oder Milch einzukaufen. Auf diese Art wollte er ihm beibringen, dass alles etwas Geld kostet, aber auch sollt er selbstständiges handeln und einkaufen üben. Im Gegensatz zu fast allen Mitschülern im Kindergarten , wurde Sascha nur sehr selten mit dem Auto abgeholt. Er selbst fand das anfangs absolut uncool, aber mit der Zeit wollte er den Nachhauseweg zu Fuss, und in Begleitung gleichaltrigen oder älteren Kinder nicht mehr missen. Der Weg war ungefährlich. Der Verkehr in diesem Viertel hielt sich in Grenzen.
Ruth und Tobias
Mit Jakob
Ruth und ihr Mann Tobias betrieben nun seit 2 Jahren auch noch ein Cafe. Tobias war eigentlich Bäcker von Beruf. Da er aber während seiner Lehre immer schon um 4 Uhr morgens, wenn nicht früher, in der Backstube antreten musste, beschloss er schon früh, den Beruf nach der Lehre nicht auszuüben. Er biss sich durch, da er seine Eltern nicht enttäuschen wollte. Da ihn sein Lehrmeister dann nach 3 jähriger Ausbildung auch nicht übernehmen konnte, hatte er einen Grund, sich anderweitig zu orientieren. Er lernte dann auch bald darauf Ruth kennen, die den Kiosk noch zusammen mit ihren Eltern betrieb. Erst half er dort nur aus, dann wurde aus Freundschaft Liebe zwischen den beiden, und so konnte er fast übergangslos sein Berufsleben umgestalten. Viel arbeiten musste er jetzt auch, aber die Nächte gehörten ihm und Ruth.
.Im Cafe wurden vorzugsweise Cafe to go und Sandwiche verkauft. Auch frische Obstsäfte, Obstsalate und Yogurths in allen Geschmacksrichtungen boten sie an. Natürlich verkauften sie auch Kuchen und Torten. Es gab ungefähr 40 Sitzplätze, die meistens waren vor allem über die Mittagszeit und nach Büroschluss gegen 17.00 besetzt . In dem Cafe herrschte eine ganz andere Atmosphäre als in dem Kiosk. Hier hatte man Zeit, man stand oder sass zusammen und trank einen Cafe Machiato oder Espresso und erzählte sich das Neueste von der Arbeit und tauschte Neuigkeiten über die Vorgesetzten und Kollegen aus. Es ging zu wie im Bienenhaus , dementsprechend war der Lärmpegel trotzdem war es eine leichte, unbeschwerte und fröhliche Atmosphäre. Das Cafe lag verkehrsgünstig in der nähe von Banken und Geschäften, so dass vor allem Berufstätige sich dort in ihren Pausen trafen. Es waren dann oft dieselben, die auf dem Nachhauseweg im Kiosk noch was einkauften, was sie grade nicht zu Hause hatten. Die meisten wussten aber nicht, dass die beiden Geschäfte Ruth und ihrem Mann Tobias gehörten. Ruth war jetzt fast nur noch im Büro beschäftigt kümmerte sich um Bestellungen und die Buchhaltung. Ihr Mann Tobias schaute, dass es unter den Angestellten reibungslos funktionierte. Beide bekam man nur noch zu Gesicht, wenn ein Mitarbeiter unerwartet erkrankte oder wenn der Ansturm, vor allem in der Mittagszeit zu heftig war.
Ihr Sohn Jakob war unterdessen 5 Jahre alt, ein aufgewecktes Bürschchen und er hatte viel von der Geschäftstüchtigkeit seiner Mutter geerbt. Er tauschte schon mit viel Erfolg alte Spielsachen für neuere, verkaufte , natürlich ohne das Wissen seiner Eltern, Sandwich die am Tag zuvor übrig blieben an Kameraden für einen Einheitspreis von 50 Cent. Er war ein begehrter Spielkamerad und entwickelte ein grosses Talent im Fussballspielen. Er wuchs sehr selbständig auf und war oft bei seinen Grosseltern. Der Grossvater, den Jakob liebevoll Opa Karlson nannte. Jakob war der Meinung , wenn man auf den leicht gebeugten Rücken seines kleinen stämmigen Grossvater einen Propeller schrauben würde, dann müsste sein Opa fliegen können, wie Karlson im Bilderbuch. Grossvater also bastelte und baute mit Jakob so oft es ging. Unterdessen brachten sie schon elektrische Motoren in Legobausätze an. Auch eine Märklin-Eisenbahn Spur O stellten sie zusammen auf. Das war natürlich vor allem für Opa Karlson eine tolle Beschäftigung, der sich dabei in seine Kindheit zurückversetzt fühlte. Doch auch Jakob hatte viel Spass dabei und genoss die Stunden, die er mit seinem Opa Karlson zusammen verbringen durfte.
Das einzige was Ruth und Tobias noch vor ein paar Jahren irritierte war, dass ihr Sohn äusserlich so gar nicht in das Schema ihrer Familien passte. Er war relativ gross, sehr hellhäutig, und seinen runden Kopf zierte eine wilde rotblonde Lockenpracht. Ruth nannte ihn, wie er noch kleiner war, oft „unser Sams „Als Jakob ca. 31/2 Jahre alt war, und er zum ersten mal eine Samsgeschichte hörte und auf dem Buchumschlag auch ein Abbild von dem rothaarigen, mit Sommersprossen übersäten Gesicht sah, protestierte er heftig und schrie immer wieder, ich bin kein Sams, ich bin Jakob. Er bekam dabei richtige Tobsuchtsanfälle, von denen er sich immer nur schwer erholte. Von da an hütete sich Ruth ihren Sohn so zu nennen. Auch alle Samsbücher waren von nun an in diesem Haus ein Tabu.
Ruth und Tobias staunten nicht schlecht, als sie vor fast einem Jahr Post aus Amerika erhielten. Sie stellten, nach gründlichem recherchieren fest, dass Sonja, die Frau die ihnen geschrieben hat, eine Verwandte von ihnen war. Sonjas Ur-Grosseltern wanderten vor über 100 Jahren aus in die Vereinigten Staaten von Amerika. Die Urgrossmutter von Ruth und die Urgrossmutter von Sonja waren Schwestern. Da sich jene nie mehr gemeldet hat, nachdem sie ausgewandert war, haben die zurückgebliebenen Verwandten das Interesse an ihr verloren, und angenommen, dass sie auch keinen Kontakt mehr zu ihrer alten Welt wollte.
Nun aber freut sich vor allem Ruth, ein Lebenszeichen dieser entfernten Cousine erhalten zu haben. Kurz entschlossen haben sie Sonja eingeladen, sie im Schwabenland zu besuchen. In den Telefonaten wo sie sich gegenseitig per Bildschirm sehen konnten, fanden sie sich äusserst sympathisch und stellten sogar eine gewisse Ähnlichkeit nicht nur in ihrem Aussehen, nein auch in beiderseitigen Charaktereigenschaften fest. Sonja schien genauso tüchtig und fleissig wie Ruth. So spekulierte Ruth bei der Einladung nicht ganz uneigennützig auch auf die Mitarbeit von Sonja in ihrem Kiosk und Cafe . Sie würde dann auch, nähme sie das Angebot an, so lange sie wollte bei ihr und Tobias wohnen können.
Alice und Frank
Mit Nils
Nils wird seinem Papa immer ähnlicher, dachte Alice, die 2. Frau von Dr. Frank Römer, von ihrem Sohn. Er wird in 6 Monaten 5 Jahre alt. Wie doch die Zeit vergeht. Es war ihr als sei es gestern gewesen, als sie ihren Mann während eines Seminars in Paris kennen lernte. Sie behauptet, dass es Liebe auf den ersten Blick gewesen sei. Er ist da etwas zögerlicher und meint, ja, sympathisch sei sie ihm von Anfang an gewesen. Aber er hatte sich grade wieder an ein Stück Freiheit und Unabhängikeit gewöhnt. Er war seit einem knappen Jahr geschieden. Seine erste Frau hatte ihn mit dem Gärtner betrogen. Nicht nur dass er es lange nicht wusste oder gar ahnte, sie besass sogar die Dreistigkeit ihren Liebhaber gleichzeitig im Haus zu empfangen, während ihr Mann erschöpft vom Nachtdienst damals arbeitete er noch in einem Krankenhaus, im Elternschlafzimmer schlummerte. Ihre Ehe war schon seit fast mehreren Jahren sehr angespannt. Er war weiss Gott auch kein Heiliger. Hatte auch mal eine kurze aber intensive Affäire mit einer Kollegin, hat diese Sache dann aber wieder schnell beendet, da er seine Ehe retten wollte. Tief im Herzen liebte er seine erste Frau ja auch sehr lange abgöttisch. Er trug sie , vielleicht viel zu lange auf Händen.
Natürlich ist eine Scheidung nie lustig, aber im Grossen und Ganzen hat man sich gütlich getrennt, und das Sorgerecht der 2 Kinder wurde zwischen den Eltern aufgeteilt. Es hat sich unterdessen alles bestens eingespielt. Die Kinder scheinen die Situation zu akzeptieren , und die Befürchtung, dass ihre schulischen Leistungen nachlassen könnten, haben sich nicht bestätigt. Sie kommen alle 14 Tage am Wochende zum Papa. Es herrscht immer eine gegenseitige grosse Freude auf das Wiedersehen. Unter der Woche ergibt sich auch regelmässig die Gelegenheit, wo die Mädels ihren Papa sehen können. Frank ist immer sehr beschäftigt, und hat unterdessen den Ruf, eine besonders hohe Erfolgsquote bei der künstlichen Befruchtung zu haben. Es kommen sogar Frauen aus dem europäischen Ausland. Der Stuttgarter Flughafen ist nur 1 Std. entfernt, von der mittelgrossen schwäbischen Kleinstadt, wo Dr. Frank Römer nun seit Jahren praktiziert.
Alice, war sehr glücklich, dass sich Frank doch noch ihrem heissen Wunsch beugte, auch mit ihr ein Kind zu zeugen. Erst wollte er kein 3. Kind Doch die Liebe zu seiner zweiten Frau war echt und tief und er verstand die Sehnsucht von ihr, Leben von ihm zu empfangen und auszutragen. Er weiss, dass Mutter zu sein für jede Frau die Erfüllung ihres Lebens ist. Da er sie über alles liebte und achtete, wollte er ihr diesen grossen Wunsch auch erfüllen. Alice war die absolut perfekte Frau für ihn. Im Winter genossen sie zusammen den Schnee in den Bergen mit Schneewandern und Skifahren. Im Sommer das Wasser des Meeres und der Seen in ihrer Nähe mit schwimmen, segeln und surfen. Und mit ihr konnte er endlich die Diskussionen führen, die er immer so vermisste. Kurz, sie hatten in allem die gleiche Wellenlänge und Interessen.
Ihr Sohn Nils ist aber so ganz anders als seine 2 Halbgeschwister . Er ist fast ein Ebenbild seines Vaters. Sehr gross und massig für sein Alter ,ein roter Lockenkopf ziert sein Gesicht , dass mit Sommersprossen übersät ist. Er wirkt auf den ersten Blick etwas schwerfällig, aber dieser Schein trügt. Nils ist ein wendiges sportliches Kerlchen. Humorvoll und der Schalk sitz ihm immer im Nacken. Mit seinem offenen warmen Lachen, erobert er im Nu alle Herzen. Genau wie sein Vater.
Da Alice auch weiterhin zu 75% berufstätig als Allgemein Ärztin ist, war es notwendig, dass sie schon immer eine Nanny beschäftigten. Mit Julia, einer gemütlichen Österreicherin, hatten sie grosses Glück. Sie kam ins Haus, als Nils fast 1 Jahr alt war und sie wird von ihm heissgeliebt. Ja man könnte fast sagen dass Julia mehr Einfluss auf Nils hat als seine leibliche Mutter. Die geduldige liebevolle aber trotzdem bestimmte Art der jungen Österreicherin ist die richtige Mischung für dieses quirlige Kerlchen.
Der Vater hat nur wenig Zeit unter der Woche. An den Wochenenden, wo er sich in der Regel 14 täglich auch um seine Kinder aus der ersten Ehe kümmert, ist Nils immer dabei. Dieser geniesst es sichtlich von den 2 älteren Schwestern bemuttert und umsorgt zu werden. Jetzt wo er schon 4 ½ Jahre alt ist, lässt er sich schon gar nichts mehr gefallen. Aber er verteidigt seine Meinung immer mit viel Charme, so dass die beiden Schwestern einfach nur nachgeben können und ihn schon lange in ihr Herz geschlossen haben.
Dr.Römer und seine Frau Alice waren der Ansicht , entgegen der Meinung von Julia der Nanny, dass es langsam an der Zeit sei, Nils in einen Kindergarten anzumelden. Man war sich sofort einig, dass nur ein privater Kindergarten in Betracht kommt. Dr. Römer war ein starker Anhänger und Verehrer der italienischen Ärztin Montessori, und da es , nicht allzu weit von ihrem Wohnort ein Kindergarten gibt , der im Sinne von Fr. Dr. Montessori geführt wird , war es klar, wo Nils angemeldet werden sollte. Zum grossen Glück von Julia, setzte man Nils erstmal auf die Warteliste. Die Nachfrage war so enorm dass es recht lange Wartezeiten gab.
Julia fürchtete um ihren Job bei Dr. Römer, wenn Nils erst mal im Kindergarten sei. Sie fühlte sich unterdessen pudelwohl in diesem Haushalt. Nils war wie ein eigenes Kind für sie. Frau Dr. Alice Römer liess ihr alle Freiheiten und hatte volles Vertrauen in die gebildete und charmante Österreicherin. In der Tat, Julia machte Nils sehr gekonnt und fachmännisch mit klassischer Musik vertraut. Er beherrschte die Tonleiter nicht nur in C-Dur auf dem Klavier und übte täglich freiwillig . Seine kleinen, aber für sein Alter recht grossen Hände wanderten flink über die weissen und schwarzen Tasten. Er sang und jauchzte mit und seine vollen , mit Sommersprossen übersäten Backen fingen an rot zu glühen vor Begeisterung. Auch beherrschte er schon fast das ganze ABC .Wenn die Druckbuchstaben gross genug waren in seinen Kinderbüchern, versuchter er immer öfter, die Wörter zu lesen. Es gelang ihm schon vorzüglich. Julia behandelte Nils eher schon wie einen kleinen Erwachsenen. Dieses Verhalten war nicht absichtlich. Es bot sich einfach an. Nils reagierte auf Spiele seines Alters immer mit Zornausbrüchen, oder desinteressiert. Sobald er aber richtig gefordert wurde, blühte er auf und saugte neues Wissen auf wie ein trockener Schwamm.
Sonja
Nun stand Sonja endlich da, nach einem fast 12 stündigen Flug an der Kofferausgabe, im Stuttgarter Flughafen. Die freudige Erwartung überspielte ihre Müdigkeit. Sie konnte auf dem langen Flug kaum ein Auge zu tun. Direkt hinter ihrem Sitz weinte und schrie ein ca. 18 Monate altes Kind fast die ganze Zeit. Schlief das völlig übermüdete mädchen endlich mal für kurze Zeit ein, liefen andauernd Mitpassagiere an ihrem Sitz vorbei, um auf Toilette zu gehen. Dabei wurde sie oft angestupst. Ihr Sitznachbar kippte in der ersten Stunde ungeheure Mengen an Rotwein in sich, so dass er danach auch bald einschlief und entsetzlich schnarchte.
Aber das ist jetzt alles vergessen und unwichtig. Ungeduldig wartete sie auf den Koffer. Sie war sehr erstaunt, dass viele Gepäckstücke fast gleich aussahen. Grau oder schwarz. Das war für sie persönlich gut, hatte sie doch ein tolles Modell im Angebot gekauft, dass wahrscheinlich auch nur günstig war, weil die Farbe nicht jedermanns Sache ist. Knallorange, wer wollte das schon. Sonja war das aber egal. Das Material ist herrvorragend, der Koffer leicht und in viele Fächer unterteilt. Ausserdem, der Koffer dient ja nur als Aufbewahrungsbehälter, ich muss ja keine Modenschau mit ihm gewinnen. Das waren damals ihre Überlegungen .Und so schnell kommt dieses auffallende Stück bestimmt nicht abhanden. Wie recht sie damit hat. Schwupps, da wird er , aus den Tiefen des Flughafens kommend auf das Rollband gespukt. Sie schnappt ihn , stemmt ihn auf den bereitstehenden Gepäckwagen und macht sich auf Richtung Ausgang.
Beim Zoll wird sie gefragt ob sie was zu verzollen habe. Sie verneinte und konnte so mühelos, ohne Warteschlange die Passkontrolle passieren.
Ruth und Tobias hielten schon aufgeregt Ausschau nach Sonja. Eigentlich müssten wir sie ja auf Anhieb erkennen. Sie haben Sonja oft genug am Bild-Telefon gesehen. Ausserdem hat sie tatsächlich Ähnlichkeit mit Ruth.
Tobias hielt ein grosses HERZLICH WILLKOMMEN SONJA, geschrieben auf einem Karton, in die Höhe. Ruth hat einen bunten Sommerblumenstrauss in der linken Hand. Die Rechte war reserviert zum Winken und Begrüssen.
Und da kam sie! Unübersehbar mit einem knallorangenen Koffer. Auch Sonja erkannte die beiden sofort, und das Plakat stach ihr sofort in die Augen. Herzlich Willkommen Sonja, las sie. Sie hatte sich in dem Jahr, wo sich sich auf die Suche nach ihrer deutschen Verwandschaft gemacht hat, auch ein paar Deutschkenntnisse angeeignet. Sie fühlte sich gewappnet, einfache alltägliche Sätze zu sprechen und zu verstehen.
Die beiderseitige Freude war gross. Ruth und Sonja kam es vor, als würden sie sich bestens kennen, und Sonja käme nur von einer langen Reise zurück. Sonja selbst war überrascht von der sofortigen Vertrautheit, die sie füreinander empfanden. So eine enge Bindung, ausser zu ihren Kindern, hatte sie in ihrem Leben noch nie erfahren. Sie war überglücklich und auf einen Schlag war all ihr Kummer und Sehnen nach ihrem zuletzt geborenen Kind vergessen.
In der Tat machten es Ruth und Tobias , auch mit Hilfe von Jakob, Sonja leicht, sich im neuen Zuhause wohl zu fühlen. Vor allem Jakob fühlte sich zu der unerwartet hinzugekommenen Tante sehr zugezogen. Durch ihn lernte Sonja auch fast mühelos die deutsche Sprache. Ihr Wortschatz vervollständigte sich täglich. Schon nach 10 Tagen ging sie begeistert mit in den Mini-Shop und half gerne bei der Arbeit. Endlich hatte sie wieder eine Aufgabe . Die Leute hier waren alle sehr freundlich und hilfsbereit. Ausserdem kam es Sonja sehr entgegen, dass man hier alles so pflegte und putze wie sie es liebte, in ihrer Heimat bildete sie mit diesen Eigenschaften eine Ausnahme , und wurde heimlich oft belächelt.
Eines Tages, sie hatte sich für die Mittagschicht eingetragen, war sie überrascht, Jakob im Kiosk zu sehen. Normalerweise nahm er sein Mittagessen bei seinen Grosseltern ein. Freundlich sprach sie in an, und fragte ihn , ob mit den Grosseltern irgend was nicht in Ordnung sei. Erstaunt schaute der Bub zu ihr hoch und meinte ernst ,“ ich heisse Sascha,“ und fragte sie von welchen Grosseltern sie spreche. Komm , lass den Scherz, war die lakonische Antwort von Sonja. Der Junge schüttelte den Kopf und lachte, betonte aber bestimmt, dass sein Name Sascha sei. Nun, bei ganz genauem Hinsehen stellte Sonja auch fest, dass sie sich geirrt hatte. Es gab kleine Unterschiede. Die Form der Lippen , sie waren voller, vor allem die Oberlippe, und die Anzahl der Sommersprossen unterschieden sich von Jakob. Auch die Ohren waren auffallend , fast eckig geformt. Diese Lippen und Ohren erinnerten sie an ihre eigene. Als Kind wurde Sonja oft wegen ihrer Quadrat-Ohren gehänselt. Trotzdem die Ähnlichkeit mit Jakob war verblüffend.
Wer sind deine Eltern und wo wohnst du, fragte sie Sascha neugierig. Sascha aber wurde von klein an beigebracht, fremden Menschen keine Auskunft über seine Familie und den Wohnort zu geben. Seine Eltern, Antonio und Fabian gehörten unterdessen zu der wohlhabenden Oberschicht. Sie bewohnten eine ansehnliche Villa in dem angesagtesten Viertel der Stadt.
So wie der Junge unerwartet vor ihr stand, so plötzlich war er verschwunden, ohne zu bezahlen. Er nahm , bevor Sonja in ansprach eine Tüte Milch und „die Zeit“ aus dem Regal.
Na so was, Sonja rieb sich die Augen und war sich plötzlich nicht mehr sicher, ob sie das alles nur geträumt hatte, oder ob es Wirklichkeit war. Ihr Herz pochte zum zerspringen. Sie lief, vor lauter Aufregung, rot an und schnappte nach Luft.
Sie fühlte, dass dieser Junge, oder war es doch nur ein Phantom, mit ihr verbunden war. Da zu dem Zeitpunkt keine andern Kunden in dem Kiosk waren, traute sie sich nicht, abends Ruth und Tobias von dieser Begegnung zu erzählen. Damit abends die Abrechnung stimmen würde, legte sie das fehlende Geld von der Zeitung und der Milch, mit denen der Junge unbezahlt verschwand, in die Kasse Die halten mich sonst für unglaubwürdig, dachte sie, und hoffte innerlich , dass der Junge, der sich Sascha nannte, bald mal wieder auftauchen würde.
Auch Sascha war von der Begegnung mit dieser für ihn bis dahin unbekannten Frau , eigentümlich berührt. Mit schlechtem Gewissen schlich er nach Hause und versenkte das übrig gebliebene Geld in sein Sparschwein.
In den nächsten Tagen werde ich hoffentlich wieder zum Einkaufen geschickt, damit ich das Missgeschick ausbügeln kann, hofft er. Antonio und Fabian dürfen das nicht erfahren.
In Sonja keimte seit dieser Begegnung die heisse Sehnsucht nach ihrem für Antonio und Fabian ausgetragenen Kind, wieder voll auf. Ihre innere Unruhe wuchs täglich . Sie verlor an Appetit , vertippte sich andauernd an der Kasse und die grosse Freude am Umgang mit den Menschen und der Arbeit verflog zusehends.
Dieses neue seltsame Verhalten von Sonja blieb auch Ruth und Tobias nicht verborgen. Erst dachten sie, dass Sonja Heimweh habe. War sie unterdessen doch schon über ein halbes Jahr bei ihnen. Sie hatte ihr Visum aber erst neulich nochmals verlängern lassen. So konnten sie sich keinen Reim auf das merkwürdige und unterdessen auch beängstigende Benehmen von Sonja machen.
Sonja selbst hoffte insgeheim täglich, dass sie Sascha nochmals begegnen würde. Aus diesem Grund liess sie sich , wann immer es ging, für die Mittagsschicht eintragen.
Yvonne und Lukas
Mit Kevin
Kevin ist unterdessen ein begeistertes Kindergartenkind. Ich fahre ihn täglich hin und hole ihn auch ab. Leider wohnen seine neuen Spielkameraden in der ganzen Gegend verstreut, so dass sie sich nach dem Unterricht kaum sehen können. Kevin erzählte schon gleich am ersten Tag,, dass er sich mit Sascha angefreundet habe. Dieser sieht fast so aus wie ich, und alle glauben, dass wir Zwillinge seien, erzählte er anfangs ganz aufgeregt. Ich habe mir fest vorgenommen, diesen Jungen selbst mal anzuschauen, nur hat sich bis heute die Gelegenheit nicht ergeben. Es kommt ja vor, dass es ähnliche Typen gibt.
Da bald Elternabend ist wird sich dann rausstellen, ob besagter Sascha wirklich so viel Ähnlichkeit mit Kevin hat. Das wäre der Leiterin bestimmt auch aufgefallen.
Mich plagen im Moment ganz andere Sorgen. Unsere Ehe funktioniert nur noch auf dem Papier. Lukas kommt und geht wann er will. Um Kevin kümmert er sich so gut wie gar nicht mehr. Wir sprechen zwar noch miteinander, aber eigentlich nur über belanglose Sachen. Lukas wird zunehmend mürrischer. Seine humorvolle fröhliche Art hat er verloren. Zugegeben, ich kümmere mich auch nicht gross um ihn. Die Jahre wo Kevin ein Baby und Kleinkind war, haben wir beide uns ja auch überwiegend um unser Kind gekümmert. Irgendwie blieb unsere Liebe langsam aber sicher auf der Strecke. Sie schlich sich davon , fast unbemerkt. Jedenfalls von mir. Ich dachte immer, dass auch Lukas Zärtlichkeiten genügten, so wie mir. An meine Launenhaftigkeit muss er sich eben gewöhnen. So bin ich nun mal. Meine innere Unzufriedenheit, liess ich eher an Lukas aus als an meinem heiss geliebten Kevin. Irgendwie war ich eifersüchtig auf das Leben von Lukas. Er hatte Erfolg, er kam raus unter interessante Menschen. Ich hier, auf dem Bauernhof verkümmerte langsam aber sicher. Das merkwürdige ist, dass ich diese Form des Lebens ja selber sehnlichst
Selber wünschte, ja ich war vor Jahren die treibende Kraft und überzeugte Lukas schliesslich aufs Land zu ziehen. Doch an stelle der Begeisterung der ersten Jahre hat sich schon lange ein anhaltender Frust in meinem Herzen festgesetzt. Auch ich wurde zunehmend unzufriedener und mürrischer. Die Gartenarbeit, die mir ursprünglich das Herz öffnete, wird mir zur Last. Tausend Dinge fange ich an, nichts führe ich zu ende, was wiederum meinen Mann auf die Palme bringt.
Ich bemerke aber immer öfter, dass er sich überhaupt nicht mehr für mich interessiert, und er immer mehr sein Leben führt.
So kann das nicht weiter gehen. Ich muss auch mein Leben ändern. Bei der nächsten Gelegenheit werde ich mir einen Job suchen, und dann ausziehen. Das habe ich mir fest vorgenommen.
So war es bestimmt kein Zufall, dass mir das kleine fettgedruckte Inserat in der Zeitung die in der nahe gelegen Kleinstadt wöchentlich erscheint, sofort ins Auge fiel. Cafe „ Pudelwohl „ sucht flexible Mitarbeiterin für Service als auch für die Buchhaltung . Arbeitszeit und Gehalt nach Absprache. Es folgte keine Adresse aber eine Telefonnummer.
Kurz entschlossen rief ich an.
Mir stockte der Atem, als mir die immer noch in meinem Kopf gespeicherte warme -melodische Stimme von Ruth entgegenklang. Ruth ! bist du das ?
Ja, tönte es vom anderen Ende der Leitung. Wer sind sie ? Ich bin Yvonne, wir kennen uns aus Dr. Römers Wartezimmer. „ Ja, natürlich.“ Und es folgte ein Wortschwall der Erinnerungen und Erzählungen über unsere Söhne, die fast im gleichen Alter sind.
Den Job bekam ich auf Anhieb, und wir verabredeten uns, dass ich am Wochenende mit Kevin und den Bewerbungsunterlagen bei ihr zu Hause vorbeikomme.